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News: Aufmerksame Diagnose in Kunst und Medizin

Für einige Medizinstudenten hat ihre Ausbildung sozusagen eine künstlerische Wendung genommen. Ihr Professor hat eine Lernmethode entwickelt, die sie aus dem traditionellen Hörsaal hinaus und ins Museum hineinführt.
In einem Seminar mit dem Titel The British Museum Project forderte Irwin M. Braverman, Professor für Dermatologie am Cancer Center der Yale University School of Medicine seine Studenten auf, ausgewählte Gemälde am Yale Center for British Art zu betrachten und sich ein Urteil darüber zu bilden, wie Gedanken und Gefühle visuell übermittelt werden. Sein Ziel ist es, die angehenden Mediziner zu genauen Beobachtern zu erziehen. Sie sollen lernen, die Bedeutung eines Gegenstandes zu entschlüsseln und Information durch Beobachtung zu gewinnen. Nach Ansicht von Braverman können Ärzte mit einer besseren Beobachtungsgabe gezielte Fragen stellen, die für eine korrekte Diagnose erforderlich sind, ohne sich ausschließlich auf teure Bluttests und Röntgenaufnahmen verlassen zu müssen. "Ärzte müssen lernen, Details wahrzunehmen, die oft übersehen werden", meint er. "Es sind diese Details, die ihnen eine bessere Diagnose ermöglichen. Dies macht sie zu besseren Ärzten, und das wiederum nutzt den Patienten."

Braverman entwickelte die Unterrichtsmethode letzten November, als er überlegte, wie er die Beobachtungsgabe seiner Dermatologie-Studenten schärfen könnte. Zusammen mit Linda Friedlaender, der Kuratorin für Bildung am Yale Center for British Art, entwickelte er einen Kurs, in dem sehr detaillierte Kunstwerke verwendet werden. Den Studenten wird ein Gemälde zugewiesen und genügend Zeit gelassen, es zu betrachten und zu studieren "wie einen Hautausschlag, der gerahmt wurde". Anschließend beschreibt jeder Student das Werk allein auf Basis dessen, was er sieht. Gelernt wird dann aus Gruppendiskussionen, Reaktionen und Beobachtungen.

"Es gibt eine natürliche Parallele zwischen Medizin und Kunst", sagt Friedlaender. "Dieses Seminar schärft einige jener Beobachtungsgaben, die auch für das Erstellen einer Diagnose wichtig sind." Die teilnehmenden Medizinstudenten empfanden den Kurs als einen bedeutenden Schritt in ihrer medizinischen Ausbildung. "Diese Übung half mir, über Patienten nachzudenken und sie zu analysieren", sagt Leo Kim, Medizinstudent im ersten Jahr. "Wie äußerst detaillierte Gemälde, so ist auch der menschliche Körper sehr komplex. Zu lernen, ein Bild zu betrachten und wirklich alle Einzelheiten zu sehen, hilft bei der Diagnose von Patienten."

Das Seminar war auch für Dr. med. Susan Crowley, Assistenzprofessorin für Medizin und Mentorin in diesem Kurs, eine Erfahrung, die ihr die Augen öffnete. "Ich war überrascht darüber, wieviele Details man übersehen kann, wenn man sich ein Bild oder einen Patienten betrachtet", sagt sie. "Es war eine Lernerfahrung für mich und auch für die Studenten, die ich unterrichtete."

Braverman und Linda Friedlaender wählten erzählende Ölgemälde wie "Die Gore-Familie" von Johann Zoffany, "Die Sintflut" von John Martin und "Das Leben von Buckingham" von Augustus Egg aus. Diese Gemälde sind prosaische Darstellungen, und alle erzählen eine Geschichte. Die Studenten untersuchten die Beziehung zwischen den Figuren in den Gemälden, die Bedeutung der Landschaft, den Ort und das Datum der Gemälde.

Obwohl Braverman die Auswirkungen des Seminars auf die Studenten nicht wissenschaftlich untersucht hat, war die Reaktion positiv, und er glaubt, eine eindeutige Verbesserung der Beobachtungsgabe seiner Dermatologie-Studenten feststellen zu können. "Sie nahmen sich mehr Zeit nachzudenken, bevor sie eine Diagnose stellten", sagt er. Braverman plant, das Programm zu erweitern und Röntgenaufnahmen und Fotos von Hautzellen mit einzubeziehen. "Früher, vor dem Erscheinen der modernen Medizintechnologie, mußten sich Ärzte auf die Zusammenarbeit von Augen und Gehirn verlassen. Ich hoffe, dieses Seminar führt dazu, daß einige der Methoden wieder vermehrt eingesetzt werden."

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