News: Aufnahme von Dioxinen über die Nahrung bei Kindern weiter rückläufig
"Dioxine" ist eine Sammelbezeichnung für verschiedene, ähnlich aufgebaute chlorhaltige Verbindungen. Insgesamt besteht die Gruppe der Dioxine aus 75 polychlorierten Dibenzodioxinen (PCDD) und 135 polychlorierten Dibenzofuranen (PCDF). In die Umwelt gelangen Dioxine hauptsächlich durch Verbrennungsprozesse sowie bei der Produktion und Verwendung chlororganischer Verbindungen.
Vom Menschen werden Dioxine hauptsächlich über die Nahrung aufgenommen, davon zwei Drittel über Fleisch und Milchprodukte. Die Aufnahme über die Haut und die Atemluft ist im Vergleich zur Nahrung für nicht beruflich exponierte Personen vernachlässigbar. Dioxine reichern sich in Lebewesen vor allem in fetthaltigem Gewebe an und bauen sich nur langsam ab. Einige Dioxine sind extrem giftig und können bereits in kleinsten Mengen wirksam sein.
Beim Menschen können einzelne Dioxine – abhängig von der aufgenommenen Menge – Gewichtsverlust (wasting syndrom), Hautschädigungen (Chlorakne), Störungen des Immunsystems, der Nervenleitung, des Hormonhaushalts und der Enzymsysteme mit all ihren Folgen hervorrufen. 2,3,7,8-TCDD ist von der Weltgesundheitsorganisation WHO im Februar 1997 als humankanzerogen (krebserzeugend für den Menschen) eingestuft worden. Andere Dioxine stehen im Verdacht, krebserzeugend zu sein.
1998 hat die WHO auf Grund neuerer Untersuchungen einen Bereich der täglichen Aufnahme von 1-4 pg (pg , ein Pikogramm = ein Billionstel Gramm) TCDD-Äquivalenten (Teq) pro Kilogramm Körpergewicht als für den Menschen tolerabel abgeleitet (TDI-Wert). Das sogenannte Internationale Toxizitätsäquivalent (I-TEq) drückt die Giftigkeit von Dioxinen aus. Dazu werden die einzelnen Dioxine in Beziehung zur Giftigkeit des besonders gefährlichen 2,3,7,8-TCDD – dem sogenannten "Seveso"-Dioxin – gesetzt.
Das Forschungsprojekt mit dem Titel: "Duplikatstudie zur Untersuchung der nahrungsbedingten Aufnahme von ausgewählten anorganischen Verbindungen sowie von polychlorierten Dibenzo-p-dioxinen (PCDD) und Dibenzofuranen (PCDF) bei Kindern" wurde in den Jahren 1998 und 1999 durchgeführt. Untersuchungsergebnisse dieser Studie wurden mit Ergebnissen eines ähnlichen Vorhabens aus dem Jahr 1995 verglichen. Untersucht wurden insgesamt in den beiden Studien 56 Kinder im Alter von ein bis fünf Jahren aus Nordrhein-Westfalen mittels der sogenannten Duplikatmethode. Bei dieser Methode werden Zweitproben der komplett zubereiteten und verzehrten Nahrung über mehrere Tage gesammelt und anschließend auf ihren Schadstoffgehalt untersucht. Die Proben wurden im gleichen Labor mit derselben Methode vermessen.
Bei den 1998 untersuchten 42 Kindern im Alter von ein bis drei Jahren konnte gezeigt werden, daß die Dioxinaufnahme über die Nahrung durchschnittlich bei 1,6 Pikogramm (pg) Internationalen Toxizitätsäquivalenten (I-TEq) pro Kilogramm Körpergewicht und Tag liegt. Bis auf eine Ausnahme lagen in der Untersuchung alle Werte im Bereich oder unterhalb der von der Weltgesundheitsorganisation WHO abgeleiteten tolerierbaren täglichen Aufnahmemenge (TDI-Wert). 1995 lag bei den untersuchten 14 Kindern im Alter von zwei bis fünf Jahren die über die Nahrung aufgenommene Dioxinmenge täglich im Mittel noch bei 2,6 Pikogramm I-TEq pro Kilogramm Körpergewicht. Die Werte für 1998 liegen damit im Mittel um circa vierzig Prozent niedriger als 1995.
Ein erwachsener Mensch nimmt täglich in Deutschland (Stand 1994/95) durchschnittlich zwischen 0,7 und 1,5 Pikogramm I-TEq pro Kilogramm Körpergewicht auf. Die aufgenommenen Dioxinmengen liegen bei Kindern deshalb höher, weil sie im Vergleich zum Körpergewicht größere Nahrungsmengen aufnehmen als Erwachsene.
Ein weiteres Ergebnis der Studie: Zwischen Kindern aus einem Ballungsgebiet, die überwiegend Produkte aus dem Supermarkt verzehren, und Kindern aus einem ländlichen sowie einem Ballungsgebiet, die sich zum Großteil von pflanzlichen und tierischen Produkten aus dem direkten Wohnumfeld ernähren, konnte kein statistisch signifikanter Unterschied hinsichtlich der Dioxinaufnahme über die Nahrung festgestellt werden.
Siehe auch
- Spektrum Ticker vom 17.9.1999
"Dioxin in deutschen Tongruben"
(nur für Ticker-Abonnenten zugänglich) - Spektrum Ticker vom 19.8.1999
"Warum sind Dioxine giftig?"
(nur für Ticker-Abonnenten zugänglich) - Spektrum Brennpunkt-Thema vom 4.6.1999
"Dioxin – das berühmte Gift" - Spektrum der Wissenschaft 10/93, Seite 101
"Bakterielle Spezialisten – Dioxine und Furane als Nahrungsquelle"
(nur für Heft-Abonnenten online zugänglich)
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