Soziales Verhalten: Augen drauf!
Irgendwie fühle ich mich beobachtet. Die Kanne in unserer Büro-Kaffeeküche hat Augen, seit neuestem. Um genauer zu sein, seit heute morgen. Auf den Deckel geklebt, starrt mich dieses nicht zwinkernde Gegenüber ausdruckslos an. Nein, eher warnend. Oder vorwurfsvoll? Auf jeden Fall doch so beeindruckend, dass ich die Kanne vorsichtshalber aufschraube, um mich zu vergewissern, dass es dem nächsten tatsächlich auch noch für ein Tässchen reicht. Denn sonst würde ich natürlich frischen Kaffee aufsetzen. Man will ja nicht unsozial sein.
Nein, es ist das Gefühl, beobachtet zu werden, das die eigentlich Unbeobachteten in der Küche am sozialen Gewissen packt, meinen die Autoren. Schließlich sitzen im Gehirn spezialisierte Nervenzellen, die auf Gesichter jeglicher Art reagieren – vielleicht lösen sie eine unbewusste Reaktion aus.
Vorhin übrigens fand ich noch mehr Augen. Auf der Spülmaschine. Und auf dem Papierfach des Druckers. Auch auf der Kaffeedose klebte ein Paar, und auf die Filtertütenpackung war eins gemalt. Ob's hilft? Lassen wir uns überraschen. Die Kanne, aus der ich mir gerade mein Schlückchen nach dem Mittagessen einschenken wollte, war jedenfalls leer. Schau mir in die Augen, Kleiner – wer war's? Er zuckt nicht mal mit der Wimper.
Die Idee mit den Augen stammt aus Newcastle upon Tyne. Vielleicht stand Gilbert Roberts dort zu oft vor leeren Kaffeekannen. Oder Kollegin Melissa Bateson fand ihre Tasse zu oft auf fremden Schreibtischen. Womöglich war Daniel Nettle der Kassenwart der Kaffeekasse, und ihm ist der Kragen geplatzt. Jedenfalls schmückten sie den allgemeinen Hinweis in der Kaffeeküche, welcher Obulus für Kaffee, Tee und Milch zu entrichten ist, mit einem Paar ernst blickender Augen. Und sammelten plötzlich das Dreifache – sowie genug Daten für eine vorläufige Analyse.
Lenkten die aufgeklebten Augenpartien eher das Interesse auf den Zettel? Wohl kaum: Er hing den Benutzern der Kaffeeküche an einer Schranktür direkt vor der Nase, unübersehbar. Und wäre das die Erklärung, hätte auch der Blumenflor, den die Forscher alternativ verwendeten, die Einnahmen steigern müssen – doch Fehlanzeige.
Nein, es ist das Gefühl, beobachtet zu werden, das die eigentlich Unbeobachteten in der Küche am sozialen Gewissen packt, meinen die Autoren. Schließlich sitzen im Gehirn spezialisierte Nervenzellen, die auf Gesichter jeglicher Art reagieren – vielleicht lösen sie eine unbewusste Reaktion aus.
Neben gefüllten Kaffeekassen hätte das aber weitere Konsequenzen: Bringt dieses Gefühl des Beobachtetwerdens womöglich auch Freiwillige in anonymen Psychologen-Experimenten zu unerwartetem kooperativen Verhalten? Damit erschienen so einige Ergebnisse zu Altruismus in der menschlichen Gesellschaft in ganz neuem Licht.
Vorhin übrigens fand ich noch mehr Augen. Auf der Spülmaschine. Und auf dem Papierfach des Druckers. Auch auf der Kaffeedose klebte ein Paar, und auf die Filtertütenpackung war eins gemalt. Ob's hilft? Lassen wir uns überraschen. Die Kanne, aus der ich mir gerade mein Schlückchen nach dem Mittagessen einschenken wollte, war jedenfalls leer. Schau mir in die Augen, Kleiner – wer war's? Er zuckt nicht mal mit der Wimper.
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