Direkt zum Inhalt

News: Augenblicklich erkannt

Selbst einfallsreiche Tricks und Eselsbrücken helfen oftmals im entscheidenden Moment nicht weiter, wenn es darauf ankommt, sich seine persönliche Geheimzahl oder ein kniffliges Passwort ins Gedächtnis zu rufen - die Zahlen- oder Buchstabenkombination, die man gerade noch wusste, ist einfach spurlos verschwunden. Derartig hilflose Situationen vor dem Bankautomaten oder dem Computer gehören aber vielleicht schon bald der Vergangenheit an, denn jeder Mensch besitzt mit seiner Regenbogenhaut ein einzigartiges Kennzeichen, anhand dessen er - im wahrsten Sinne des Wortes - in einem Augenblick eindeutig identifizierbar ist.
Hinter der Hornhaut, nur getrennt durch die vordere Augenkammer, liegt die Iris oder Regenbogenhaut. Infolge von Pigmenteinlagerungen umschließt sie als farbiger Ring die schwarze Pupille und reguliert vergleichbar mit der Blende des Fotoapparates den Lichteinfall. Bereits im dritten Schwangerschaftsmonat beginnt sie sich zu formen, und die Strukturen, die ihr komplexes Muster hervorrufen, sind im Wesentlichen bereits vor der Geburt festgelegt. Dieses Muster kann vielerlei unterschiedliche Kennzeichen aufweisen wie Rillen und Erhöhungen, Ringe, kleine Flecken oder zickzackförmige Kränze.

Obwohl die Farbe der Regenbogenhaut in unserem genetischen Bauplan festgelegt ist, kristallisieren sich wahrscheinlich viele Eigenschaften des Irismusters durch zufällige, nicht genetische Einflüsse während der Embryonalentwicklung heraus. Aus diesem Grund weisen selbst die Iris von eineiigen Zwillingen, welche dieselbe Erbinformation in sich tragen, und sogar das rechte und linke Auge einer Person unterschiedliche Kennzeichen auf.

John Daugman und Cathryn Downing von der University of Cambridge gingen nun der Frage nach, ob die Irismuster wirklich einzigartig sind. Dazu fotografierten sie mit einer Digitalkamera die Augen von etwa zwei Millionen Versuchspersonen aus Großbritannien, den USA und Japan. Aus diesen Bildern extrahierten die Forscher sehr spezielle Daten: insgesamt 1024 so genannte Wavelet-Transformierte verschiedener Art an unterschiedlichen Stellen, von diesen nicht die – bildhelligkeitsabhängige – Amplitude, sondern nur die Phase, und diese wiederum sehr grob: nur zwei Bits für den gesamten Winkelbereich von null bis 360 Grad. Insgesamt lag die Information über das Irismuster jeder Versuchsperson in einem 2048 Bits umfassenden digitalen Code vor.

Ziel dieser Verschlüsselungsaktion war nicht nur die Reduktion der großen Datenmenge eines Bildes auf bescheidene 2048 Bits. Die komprimierte Darstellung sollte auch weitgehend unabhängig sein von den Zufälligkeiten der Aufnahmesituation wie Beleuchtung, Blickwinkel und der Verformung der Iris durch Veränderung der Pupillengröße. Andererseits sollten zwei Menschen auch anhand dieser geringen Datenmenge zweifelsfrei als verschieden erkannt werden.

Wie die Wissenschaftler feststellten, sind die Merkmale der Regenbogenhaut bei jedem Menschen wirklich einmalig und unverwechselbar. Die Methode der Iriserkennung ist sogar nahezu fehlerfrei, denn die Wahrscheinlichkeit einer Übereinstimmung bei zwei zufällig ausgewählten Bildern beträgt gerade mal eins zu sieben Milliarden, wie Daugman schätzt. Demnach stellen die Irismuster eine Art persönlichen Personalausweis dar, der ähnlich dem Fingerabdruck als potenzieller Kandidat für biometrische Identifikationssysteme gilt.

Die Vorteile eines solchen Systems sind offensichtlich: Im Gegensatz zu persönlichen Geheimzahlen für Bankautomaten oder Passwörtern für Computer, die vergessen oder von Fremden missbraucht werden können, sind die persönlichen Kennzeichen als Teile des menschlichen Körpers vor Fälschung sicher und auch in der Anwendung praktischer. Die Erkennungssysteme müssten jedoch einen gewissen Spielraum für kleine Variationen beinhalten, da die Iris unter verschiedenen Bedingungen leicht unterschiedlich erscheint. Doch wie die Studie zeigte, reicht dem Computer bereits dreiviertel der Irisinformation einer Person aus, um eine fast einwandfreie Übereinstimmung mit den abgespeicherten Daten festzustellen. Die Fehlerrate in einem solchen Fall ist mit eins zu 1016 verschwindend gering.

Und auch kleine Veränderungen in der Iris im Laufe der Zeit können vernachlässigt werden, da sie mit durchschnittlich elf Prozent weit unterhalb der Grenze liegen, die Irritationen beim Computer auslösen würde. Ein auf der Iriserkennung basierendes Identifikationssystem scheint demnach ein sehr vielversprechendes Verfahren zu sein, dessen Einsatz in unterschiedlichsten Bereichen wie Hochsicherheitstrakten, Flughafenkontrollen und Computerzugängen denkbar ist. Und es böte noch einen weiteren Vorteil im alltäglichen Leben: Vergessliche Menschen bräuchten vor dem Bankautomaten zukünftig nicht mehr verzweifeln und sich den Kopf auf der Suche nach der Geheimzahl zerbrechen.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.