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Aurora borealis: Wie entstanden die seltenen blauen Polarlichter?

Gängige Polarlichter leuchten grün, rot oder violett. Doch über Japan wurden 2024 auch blaue Lichter beobachtet. Ihrer Entschlüsselung kam die Wissenschaft einen Schritt näher.
Am Nachthimmel ist ein großflächiges blaues Licht zu sehen, kleinere Bereiche sind auch magentafarben. Einzelne Sterne sind in den nachtschwarzen Bereichen des Himmels erkennbar.
Blaue Polarlichter treten sehr selten auf und sind noch kaum verstanden.

Zu den Höhepunkten am Nachthimmel 2024 gehörten zweifellos die Polarlichter, die selbst weit südlich der üblichen Regionen auftauchten, etwa über Deutschland, Sizilien oder Japan. Ungewöhnlich war aber nicht nur ihre regionale Verteilung: Am 11. Mai 2024 konnten Menschen über den japanischen Inseln Honshu und Hokkaido sogar blaue Polarlichter beobachten, die in diesen Breitenlagen erst recht sensationell sind und dort erstmals dokumentiert wurden: Hier sind sie normalerweise rot, weil Sauerstoff durch den starken Sonnenwind angeregt wird. Sota Nanjo vom Swedischen Institut für Weltraumphysik und Kazuo Shiokawa von der Universität Nagoya konnten jedoch mit Hilfe zahlreicher Beobachtungen und Bilder von interessierten Laien herausfinden, warum es in dieser Nacht auch blaue Farben am Himmel zu sehen gab.

Den beiden Wissenschaftlern gelang dabei die erste Visualisierung der räumlichen Struktur von blau dominierten Polarlichtern während eines Sonnensturms. Diese Polarlichter wiesen längengradorientierte Strukturen auf, die an den Magnetfeldlinien der Erde ausgerichtet waren. Die gesamte Aurora erstreckte sich über rund 1200 Kilometer Länge, bestand aus drei getrennten Strukturen und fand in einer Höhe von 400 bis 900 Kilometern statt. Erzeugt wurde das blaue Leuchten durch angeregte Stickstoffatome, wofür jedoch extrem energiereiche Sonnenstürme auftreten müssen.

Ungewöhnlich war zudem der Zeitpunkt, an dem die blaue Aurora auftrat: Sie ereignete sich kurz nach Mitternacht, während bläuliche Leuchterscheinungen üblicherweise nur kurz nach Sonnenuntergang auftreten, wenn die Erdoberfläche bereits dunkel ist, die Ionosphäre aber noch von der Sonne beleuchtet wird. Ionosphärisches Leuchten konnten die beiden Wissenschaftler also ausschließen und es musste sich um eine klassische Aurora borealis handeln.

Dennoch überraschte die Dimension Shiokawa und Nanjo: Stickstoffionen bleiben wegen ihres hohen molekularen Gewichts und ihrer schnellen Rekombination zu Molekülen nur kurze Zeit erhalten. Und trotzdem hatte der Sonnensturm beim blauen Polarlicht genügend davon angeregt, so dass es sichtbar wurde. Außerdem widersprächen die Merkmale des blauen Polarlichts bislang gängigen Modellen in niedrigeren Breiten. Diese sollten eigentlich durch die um die Erde verlaufende Ringströmung schneller, neutraler Teilchen entstehen, was mit der Ausdehnung der blauen Aurora nur schwer zusammenpasst – zumal sie dann nicht den magnetischen Feldlinien der Erde folgen sollte.

Was das blaue Leuchten also ausgelöst hat, ist noch rätselhaft. Womöglich wurden durch einen noch zu klärenden Mechanismus Stickstoffatome in extrem hohe Höhen transportiert, wo sie dann zum Leuchten angeregt wurden. Doch das sei noch spekulativ, schreiben die beiden Japaner.

  • Quellen
Earth Planets and Space 10.1186/s40623–024–02090–9, 2024

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