News: Aus den Augen, aus dem Sinn
Allerdings könnte man sich des Kohlendioxids auch entledigen, und das sogar auf einigermaßen natürlich anmutende Art und Weise. Denn steigt der CO2-Partialdruck in der Atmosphäre, kann zwangsläufig mehr Kohlendioxid im Wasser gelöst werden. Die Ozeane könnten also wie ein gigantischer CO2-Puffer wirken und die ansteigenden Konzentrationen in der Atmosphäre dämpfen.
Und das tun sie auch, nur geschieht dies so langsam, dass die Meere dem akuten Treibhauseffekt kaum etwas entgegenzusetzen haben. Zwar erfolgt der Gasaustausch mit der Atmosphäre in den oberflächlichen Wasserschichten ziemlich rasch, aber bis das Kohlendioxid in große Tiefen gelangt, kann es 1000 Jahre dauern - zu lang, um uns Menschen wirksam vor den Folgen unserer Sünden zu bewahren.
Doch dem ließe sich ja nachhelfen, davon sind Helge Drange und seine Kollegen vom Nansen Environmental and Remote Sensing Center im norwegischen Bergen überzeugt. Sie wollen die Ölplattformen in der Norwegischen See nutzen, um Kohlendioxid in die tiefen Schichten der Nordsee zu pumpen – Kohlendioxid, das aus den Kraftwerken Norwegens stammt. Das CO2 würde sich im Wasser lösen, das daraufhin weiter absinkt und – so hoffen die Forscher – mit den Strömungen in den Nordatlantik verschwindet, wo es für Jahrhunderte keinen Kontakt zur Atmosphäre hätte.
Ihren Computersimulationen legten Drange und Mitarbeiter den Kohlendioxid-Ausstoß verschieden großer Kraftwerke über einen Zeitraum von zehn Jahren zugrunde und fanden sschließlich heraus, dass man die entsprechenden CO2-Mengen in Tiefen zwischen 350 und 950 Metern ausperlen lassen müsste. Wenn die dabei freigesetzten Gasbläschen kleiner als vier Millimeter wären, könnten sie höchstens 100 Meter aufsteigen, bevor sie sich im Wasser lösten und verschwänden. Die Verluste in die Atmosphäre wären ab einer Injektionstiefe von 600 Metern minimal und in 950 Metern praktisch ausgeschlossen [1].
Die Idee scheint genauso einfach wie genial, doch birgt sie ein große Gefahr. Denn das Gleichgewicht zwischen den Konzentrationen in der Atmosphäre und im Meerwasser ist um einiges komplizierter. Mit den höheren Konzentrationen gelösten Kohlendioxids ist es nämlich nicht getan. Durch Verschiebungen im so genannten Kalk-Kohlensäure-Gleichgewicht kommt es zu einer vermehrten Bildung von Kohlensäure, und die vermag wiederum Carbonate zu lösen.
Doch die Carbonate sind wesentlicher Baustoff unzähliger Meeresorganismen, ihnen dürfte es unter diesen Umständen immer schwerer fallen, ihre kalkigen Gehäuse zu bilden. Schon jetzt scheinen die steigenden CO2-Konzentrationen in der Atmosphäre dies zu bewirken, denn erst kürzlich veröffentlichten Wissenschaftler unter der Leitung von Ulf Riebesell vom Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung in Bremerhaven erstmals Beweise von Säure geschädigten und missgebildeten Coccolithophoriden, der Hauptgruppe Kalk bildender Organismen im Meer [2].
Drange und seine Kollegen sind sich dieser Gefahren bewusst, doch da das Verfahren ohne weiteres aus den Steuergeldern zu bezahlen wäre, die Norwegen für den Kohlendioxidausstoß von Öl- und Gasfeldern erhebt, dürfte dem von ihnen geforderten Pilotversuch nur wenig entgegenstehen. Immerhin sollen die zukünftigen Forschungen auch die Auswirkungen auf die marinen Ökosysteme erkunden.
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