Ökologie: Aus der Balance
Afrikas Tierwelt ist bekannterweise bedroht. Doch nicht nur Safari-Fans sollten den Verlust von Elefanten, Giraffen und anderen großen Pflanzenfressern in den Savannen des Schwarzen Kontinents bedauern, sondern auch die Lebewesen, die auf der Speisekarte dieser Großsäuger stehen: die Pflanzen. Fehlen ihre Fressfeinde, dann bricht ein empfindliches Ökosystem zusammen, das von kleinen Ameisen aufrechterhalten wird.
Malerische Sonnenuntergänge, grasende Zebras, elegant dahin gleitende Giraffen, ein gähnender Löwe – die Bilder Ostafrikas sind von vielen Klischees geprägt. Doch spätestens seit Bernhard Grzimeks Aufruf "Serengeti darf nicht sterben!" wissen wir, dass es mit dem Lebensraum Savanne schlecht bestellt ist: Der Mensch rückt immer weiter in diesen vormals unberührten Naturraum vor, Wilderer stellen ihren Bewohnern nach.
Der Verlust der beeindruckenden Säugetierfauna der ostafrikanischen Savannen wäre sicherlich nicht nur ein herber Schlag für den Safari-Tourismus – schließlich besetzen diese Tiere entscheidende Nischen in einem komplexen Ökosystem. Doch nach dem Motto "Der Feind meines Feindes ist mein Freund" sollten die Organismen, die unter den großen Pflanzenfressern wie Giraffen und Elefanten besonders zu leiden haben, den Untergang ihrer Fressfeinde wohlwollend begrüßen: Bäume und Sträucher.
Dies gab 2005 der Arbeitsgruppe von Todd Palmer von der Universität von Florida in Gainesville die Gelegenheit, jeweils sechs umzäunte Areale von vier Hektar Größe mit sechs entsprechenden Kontrollflächen ohne Zaun zu vergleichen. Überraschendes Ergebnis: Den Akazien, die auf den abgeschirmten Flächen wuchsen, ging es nicht besser, sondern deutlich schlechter als ihren Artgenossen, die von Giraffe und Co regelmäßig angeknabbert wurden. Sie wuchsen um 65 Prozent langsamer, und die Wahrscheinlichkeit eines vorzeitigen Absterbens verdoppelte sich.
"Das letzte, was man erwarten würde, ist, dass die einzelnen Bäume [unter den Ausschluss der Säugetiere] leiden, doch das ist genau das, was wir beobachten", beschreibt Palmer seine Verblüffung.
Und offensichtlich leidet diese Gemeinschaft unter dem Ausschluss der großen Pflanzenfresser, wie die Forscher jetzt festgestellt haben. Denn auf den Akazien, die regelmäßig von Elefanten und Giraffen besucht werden, lebt vor allem die Ameisenart Crematogaster mimosae, die ihren Wirt aktiv schützt. Andere Arten wie Crematogaster sjostedti, Crematogaster nigriceps oder Tetraponera penzigi spielen eine untergeordnete Rolle.
Sobald jedoch die Bäume von Pflanzenfressern verschont bleiben, reduzieren sie ihre Schutzmaßnahmen: Die Zahl der Nektarien und der Dornen mitsamt Domatien nehmen ab.
Stattdessen breitet sich jetzt Crematogaster sjostedti aus, die es mit dem Schutz des Baumes nicht so genau nimmt. Im Gegenteil: Die neuen Bewohner locken sogar Holz fressende Bockkäfer an, um sich in deren Bohrlöchern häuslich niederzulassen. Und auch die noch übrig gebliebenen Crematogaster-mimosae-Ameisen verhalten sich jetzt weniger kooperativ: Sie verzichten auf ihre Patrouillengänge und stellen ihre Ernährung auf das Melken von Blattläusen um – ebenfalls zum Schaden der Akazien.
"Wenn die Großsäuger fehlen, verschiebt sich das Gleichgewicht der Mächte, weil die Bäume aus dem Handel ausgestiegen sind", erklärt Palmer. "Ihre schwer schuftenden Angestellten hungern und schwächeln und werden schließlich verdrängt. Paradoxerweise wachsen deshalb die einzelnen Bäume langsamer und sterben eher, sobald sie die Säugetiere losgeworden sind."
Der Verlust der beeindruckenden Säugetierfauna der ostafrikanischen Savannen wäre sicherlich nicht nur ein herber Schlag für den Safari-Tourismus – schließlich besetzen diese Tiere entscheidende Nischen in einem komplexen Ökosystem. Doch nach dem Motto "Der Feind meines Feindes ist mein Freund" sollten die Organismen, die unter den großen Pflanzenfressern wie Giraffen und Elefanten besonders zu leiden haben, den Untergang ihrer Fressfeinde wohlwollend begrüßen: Bäume und Sträucher.
Doch ist dem wirklich so? Mit einem zehnjährigen Feldversuch – dem Kenya Long-term Exclosure Experiment, das auch unter dem einprägsamen Kürzel "KLEE" firmiert – ließ sich die Frage beantworten: 1995 hatten afrikanische und amerikanische Wissenschafter mehrere Areale auf dem kenianischen Laikipia-Plateau mit einem 8000-Volt-Elektrozaun umgeben, sodass große Pflanzenfresser sich genötigt sahen, auf die pflanzlichen Leckereien im Innern der Umzäunung zu verzichten.
Dies gab 2005 der Arbeitsgruppe von Todd Palmer von der Universität von Florida in Gainesville die Gelegenheit, jeweils sechs umzäunte Areale von vier Hektar Größe mit sechs entsprechenden Kontrollflächen ohne Zaun zu vergleichen. Überraschendes Ergebnis: Den Akazien, die auf den abgeschirmten Flächen wuchsen, ging es nicht besser, sondern deutlich schlechter als ihren Artgenossen, die von Giraffe und Co regelmäßig angeknabbert wurden. Sie wuchsen um 65 Prozent langsamer, und die Wahrscheinlichkeit eines vorzeitigen Absterbens verdoppelte sich.
"Das letzte, was man erwarten würde, ist, dass die einzelnen Bäume [unter den Ausschluss der Säugetiere] leiden, doch das ist genau das, was wir beobachten", beschreibt Palmer seine Verblüffung.
Wie ist das zu erklären? Die Gewächse der Savanne wie die Flötenakazie (Acacia drepanolobium) wissen sich durchaus gegen hungrige Pflanzenfresser zu wehren. Einerseits besitzen sie spitze Dornen, andererseits beherbergen sie beißfreudige Ameisen, die den Appetit der Großsäuger auch nicht gerade fördern. Die Ameisen wohnen wiederum in Hohlräumen des Baumes unterhalb der Dornen, die als so genannte Domatien eine perfekte Herberge bieten. Außerdem können sich die Kerbtiere an den Nektarien der Akazien laben, die unterhalb der Blätter sitzen und einen zuckerhaltigen Saft absondern. Als Gegenleistung für Kost und Logis patrouillieren die Ameisen auf den Bäumen und halten Schädlinge fern – ein Paradebeispiel für eine erfolgreiche Symbiose.
Und offensichtlich leidet diese Gemeinschaft unter dem Ausschluss der großen Pflanzenfresser, wie die Forscher jetzt festgestellt haben. Denn auf den Akazien, die regelmäßig von Elefanten und Giraffen besucht werden, lebt vor allem die Ameisenart Crematogaster mimosae, die ihren Wirt aktiv schützt. Andere Arten wie Crematogaster sjostedti, Crematogaster nigriceps oder Tetraponera penzigi spielen eine untergeordnete Rolle.
Sobald jedoch die Bäume von Pflanzenfressern verschont bleiben, reduzieren sie ihre Schutzmaßnahmen: Die Zahl der Nektarien und der Dornen mitsamt Domatien nehmen ab.
"Wenn die Großsäuger fehlen, verschiebt sich das Gleichgewicht der Mächte, weil die Bäume aus dem Handel ausgestiegen sind"
(Todd Palmer)
Ihrer Wohnung und Nahrung beraubt, verlässt Crematogaster mimosae den ungastlich gewordenen Wirt; die Bestände gehen um ein Drittel zurück. (Todd Palmer)
Stattdessen breitet sich jetzt Crematogaster sjostedti aus, die es mit dem Schutz des Baumes nicht so genau nimmt. Im Gegenteil: Die neuen Bewohner locken sogar Holz fressende Bockkäfer an, um sich in deren Bohrlöchern häuslich niederzulassen. Und auch die noch übrig gebliebenen Crematogaster-mimosae-Ameisen verhalten sich jetzt weniger kooperativ: Sie verzichten auf ihre Patrouillengänge und stellen ihre Ernährung auf das Melken von Blattläusen um – ebenfalls zum Schaden der Akazien.
"Wenn die Großsäuger fehlen, verschiebt sich das Gleichgewicht der Mächte, weil die Bäume aus dem Handel ausgestiegen sind", erklärt Palmer. "Ihre schwer schuftenden Angestellten hungern und schwächeln und werden schließlich verdrängt. Paradoxerweise wachsen deshalb die einzelnen Bäume langsamer und sterben eher, sobald sie die Säugetiere losgeworden sind."
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