News: Aus einem Gen mach zwei
Als dankbares Forschungsobjekt bietet sich in diesem Zusammenhang das kleine marine Lanzettfischchen Branchiostoma an, das auch auf den Namen Amphioxus hört und als nächster lebender Verwandter zu den Wirbeltieren gilt. Beim genetischen Vergleich zwischen dieser primitiven Spezies der Invertebraten auf der einen Seite und den Wirbeltieren auf der anderen Seite fiel dem Biologen Jeremy Gibson-Brown eine merkwürdige Entwicklung auf: Das untersuchte Gen, welches beim Lanzettfischchen die Entwicklung der mesodermalen Körperschicht steuert – aus ihr entstehen unter anderem Muskulatur und Exkretionssysteme – kommt bei den maßlosen Wirbeltieren gleich in doppelter Ausführung vor.
Gibson-Brown und seine Kollegen von der Washington University in St. Louis kamen auch der Bedeutung des zusätzlichen Gens auf die Schliche. Aus AmphiEomes/Tbr1, wie der umständliche Name des invertebralen Genvorgängers lautet, entstanden in Wirbeltieren Eomesodermin und T-brain-1. Während Eomesodermin in allen untersuchten Vertebraten – vom Fisch über Amphibien bis hin zum Menschen – seine ursprüngliche Funktion beibehält, verliert das Duplikat diese Aufgabe und wendet sich stattdessen einem neuen Bereich zu: Es mischt bei der Entwicklung des Vorderhirns kräftig mit.
"Dies zeigt uns, wie 'alte' Gene 'neue' Gene zur Welt bringen können und wie die Ursprünge neuartiger Funktionen der Entwicklung verfolgt werden können", beschreibt Gibson-Brown seine Beobachtung. Als nächstes will der Biologe den Neunaugen auf den Zahn fühlen und hier nach den Genen suchen. Die kieferlosen Wirbeltieren ähneln stark den Vorfahren der späteren Vertebraten. "Ich will wissen, ob diese Genduplikation die Trennung von Kiefernlosen und Vertebraten vordatiert hat", so Gibson-Brown. Das wollen wir auch und warten auf die Ergebnisse.
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