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News: Aus Versäen

Für helle Aufregung in Europa sorgte die Nachricht, dass einige Landwirte Saatgut verwendet hatten, das genmanipuliertes Material enthielt. Dadurch war in mehreren Ländern Europas versehentlich nicht zugelassener gentechnisch veränderter Raps ausgebracht worden. Aber solche Verunreinigungen scheinen sehr viel häufiger zu sein, als man annehmen möchte. Ein amerikanisches Unternehmen, das landwirtschaftliche Erzeugnisse untersucht, fand heraus, dass mehr als die Hälfte ihrer 20 zufälligen Stichproben von konventionellem Saatgut genmanipuliertes Material enthielt.
Die Nachricht, dass einige Landwirte in ganz Europa versehentlich gentechnisch veränderten Raps ausgesät hatten, sorgte in den letzten Tagen für Schlagzeilen. Das von ihnen verwendete konventionelle Saatgut war mit Spuren einer sterilen genmanipulierten Variante verunreinigt, die in Europa nicht für den kommerziellen Anbau zugelassen ist. Allein in Großbritannien wurde das Saatgut 1999 auf 9000 Hektar und im Frühjahr 2000 auf 4500 Hektar ausgebracht. In anderen europäischen Ländern, wie Frankreich und Schweden, beginnt man nun, die betroffenen Rapsfelder zu vernichten. Dieses Versehen ist Wasser auf die Mühlen von Gentechnik-Gegnern, die zu bedenken geben, dass genmanipulierte Pflanzen in die Umwelt eingeführt werden, ohne die damit verbundenen Risiken abschätzen zu können.

Und das könnte nur die Spitze eines Eisberges sein. Denn Forscher vom Genetic ID in Fairfield, Iowa, berichten, dass in einem 1999 durchgeführten Test zwölf von 20 zufällig ausgewählten Lieferungen von normalem Mais-Saatgut deutliche Spuren genmanipulierten Materials aufwiesen. Zwei dieser Lieferungen von US-amerikanischen Farmern enthielten sogar bis zu einem Prozent gentechnisch veränderten Mais.

Hi-Bred, der größte Vertreiber von konventionellem wie manipuliertem Saatgut in den Vereinigten Staaten, gibt zu, dass Vermischungen unvermeidbar sind. "Absolute Reinheit kann man bei keinem landwirtschaftlichen Produkt irgendwo in der Nahrungskette erreichen", sagt der Sprecher des Unternehmens, Doyle Karr. Er räumt außerdem ein, dass der nach Europa gelieferte und dort angepflanzte Mais mit einer genmanipulierten Variante durchsetzt gewesen sein könnte, die ein für Schädlinge tödliches Gift produziert. Aber diese Sorte haben die europäischen Regierungen bereits genehmigt, fügt er hinzu.

Auch andere nicht zugelassene Sorten sind möglicherweise nach Europa gelangt. 1998 importierte Großbritannien 491 000 Tonnen Sojabohnen aus den USA und Kanada. Wenn der geschätzte Anteil von einem Prozent Verunreinigung zutrifft, gelangten somit etwa 5000 Tonnen genmanipulierte Sojabohnen ins Königreich.

Viele Experten sind der Ansicht, dass man durch internationale Vereinbarungen über Testverfahren und Höchstgrenzen der Kontamination, das Problem in den Griff bekommen könnte. Jeffrey Smith meint, dass ein Grenzwert von 0,1 Prozent Verunreinigung akzeptabel sei. "Eine hundertprozentige Reinheit ist wissenschaftlich gesehen weder machbar noch vertretbar", sagt er. Aber solche Reglementierungen werfen die Frage auf, wer dafür verantwortlich gemacht werden kann, wenn die Verunreinigungen die Grenzwerte überschreiten. Die Landwirte weisen den Samenlieferanten den Schwarzen Peter zu. Sie sollten für ihre Ware garantieren und die soziale und ökonomische Verantwortung für sie übernehmen, meint Gary Goldberg von der American Corn Growers Association.

Aber die Trennung zwischen herkömmlichem und manipuliertem Saatgut zu erreichen, wird nicht leicht sein. In den USA liefern Landwirte ihr Getreide an riesige Silos, deren Betreiber das Saatgut vieler Farmer sammeln, um es dann weiter zu verkaufen oder zu exportieren. Eine Untersuchung von fast 1200 Silos ergab, dass die wenigsten Unternehmen ihre Lieferungen testen oder nach manipuliertem und nicht manipuliertem Saatgut trennen. Aber Smith ist guter Hoffnung, dass die Unternehmen lernfähig sind: "Ich glaube, dass in diesem Herbst ein sehr viel höherer Prozentsatz die Erzeugnisse testet und getrennt aufbewahrt."

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