Physik seit Einstein: Ausführlich beredet
Der Sonntag zeigt deutlich: Wissenschaft, Gesellschaft und Politik gehören zusammen - sei es in persona beim Festakt oder bei der gesellschaftspolitischen Verantwortung von Forschern. Und nun wissen wir auch die philosophische Antwort auf die Frage: "Wer ist schuld am Klimawandel?"
Für den Sonntagvormittag steht der offizielle Festakt auf dem Programm. Illustre Gäste sind geladen, um ihre Grußworte zu entrichten – darunter Bundeskanzler Gerhard Schröder, der Regierende Bürgermeister von Berlin, Klaus Wowereit, und Fritz Stern, Historiker und Friedenspreisträger des Deutschen Buchhandels. Hunderte Tagungsteilnehmer wollen sich dieses Ereignis nicht entgehen lassen und haben im Audimax der TU Platz genommen.
Der Festakt beginnt mit einem historischen Tondokument von Albert Einstein, seinem "Glaubensbekenntnis" (supposé, Köln). Es folgen zahlreiche Ansprachen: von Knut Urban, Präsident der Deutschen Physikalischen Gesellschaft, von Kurt Kutzler, Präsident der TU, von Edelgard Bulmahn und Fritz Stern.
Klaus Wowereit kommt in seiner Rede gleich zur Sache – und bringt die Lacher auf seine Seite: "Ich hoffe, dass Sie im Rahmen Ihres Aufenthalts hier viel Geld ausgeben. Dies ist wichtig, um die Finanzkraft dieser Stadt zu stärken."
Unerwartet politisch
Tatsächlich haben die Kongressteilnehmer an diesem Tag reichlich Zeit, die Hauptstadt zu erkunden: Die Vorträge beginnen erst nachmittags. Gegen halb fünf äußert sich Nobelpreisträger Jack Steinberger von der europäischen Organisation für Nuklearforschung, der Einstein persönlich kannte, zum Thema "Einsteins Erbe – die soziale Verantwortung von Physikern und die nukleare Abrüstung."
"Die gesellschaftliche Verantwortlichkeit von Physikern ist ein äußerst schwieriges Thema", so Steinberger, "denn oft sind die gesellschaftlich-sozialen Auswirkungen von Grundlagenforschung nicht absehbar." Ein Beispiel hierfür sei Einstein selbst gewesen, der die Entwicklung der Atombombe zunächst unterstützte – in der Sorge, die Nazis könnten sie zuerst haben –, als sich aber die ungeheuerliche Zerstörungskraft dieser Waffen zeigte, zum leidenschaftlichen Gegner der atomaren Aufrüstung wurde.
Die Verantwortung des Physikers, betont Steinberger, läge vor allem darin, Öffentlichkeit und politische Entscheidungsträger über seine Arbeit zu informieren – was häufig aber alles andere als leicht sei.
Der Rekord des weltweiten Atomwaffenarsenals war 1990 erreicht – damals verfügten sowohl die USA als auch die zerfallende Sowjetunion über jeweils mehr als zehntausend atomare Gefechtsköpfe. Diese Zahl hat seither abgenommen, doch noch heute existieren in Russland und den USA jeweils mehr als fünftausend Gefechtsköpfe.
"Der einzige Weg, die Proliferation von Atomwaffen zu verhindern, besteht in einer weltweiten atomaren Abrüstung – und der Schlüssel hierfür liegt bei den USA", sagt Steinberger und entschuldigt sich für seine politische Stellungnahme im Rahmen einer Physiktagung. Beim Publikum kommt sein Vortag aber offenbar gut an – die Zuhörer beteiligen sich anschließend lebhaft an der Diskussion.
Wer hat Schuld?
Später referiert Brigitte Falkenburg von der Uni Dortmund. "Unsere Verantwortung für das Klima – was können wir wissen", lautet der Titel ihres Vortrags. Falkenburg ist Philosophin und geht das Thema dementsprechend an. So stellt sie zunächst die Frage in den Raum: Was ist Verantwortung?
Es zeigt sich, dass diese im Bereich das Klimas nur schwer zu definieren ist. "Denn das Klima ist kein öffentliches Gut, und seine Änderungen sind nicht direkt erfahrbar", so Falkenburg. Anders als Land, Nahrung, Mineralien oder ähnliches könne man die Ressource "Klima" nicht direkt verbrauchen.
Wer ist also schuld, wenn sich das Klima ändert? Eine Frage, die man – so Falkenburg – nicht beantworten kann. Sicher sei nur, dass die CO2-Konzentration seit Beginn der Industrialisierung dramatisch ansteige und mittlerweile so hoch sei wie in Jahrtausenden zuvor nicht. Doch ob und wie sich das auf das Klima auswirkt, könne zurzeit niemand sagen. "Sichere Prognosen dazu haben wir erst, wenn es zu spät ist – wir können sie also nicht abwarten", meint Falkenburg und plädiert für eine Politik des "Klimaschutz vor Ökonomie".
Sowohl Steinbergs als auch Falkenburgs Beitrag gehören zu den öffentlichen Lesungen der DPG-Tagung, die sich an das allgemeine Publikum richten. Und was sagt dieses dazu? "Ich fand die Beiträge sehr interessant", meint ein Fachhochschullehrer aus Magdeburg. Eine medizinisch-technische Assistentin aus Berlin erlebte den Klimavortrag hingegen als "ziemlich langweilig". Die Geschmäcker sind eben verschieden. Gerammelt voll waren die Hörsäle allemal, und das wird vermutlich auch bei den nächsten öffentlichen Lesungen der Fall sein.
Die erste Nachricht: Aus dem Auftritt von Gerhard Schröder wird schon mal nichts. Der Kanzler hat sich in Arabien eine Grippe zugezogen. Dafür stattet die Bundesministerin für Bildung und Forschung, Edelgard Bulmahn, dem Physikkongress ihren Besuch ab.
Der Festakt beginnt mit einem historischen Tondokument von Albert Einstein, seinem "Glaubensbekenntnis" (supposé, Köln). Es folgen zahlreiche Ansprachen: von Knut Urban, Präsident der Deutschen Physikalischen Gesellschaft, von Kurt Kutzler, Präsident der TU, von Edelgard Bulmahn und Fritz Stern.
Klaus Wowereit kommt in seiner Rede gleich zur Sache – und bringt die Lacher auf seine Seite: "Ich hoffe, dass Sie im Rahmen Ihres Aufenthalts hier viel Geld ausgeben. Dies ist wichtig, um die Finanzkraft dieser Stadt zu stärken."
Unerwartet politisch
Tatsächlich haben die Kongressteilnehmer an diesem Tag reichlich Zeit, die Hauptstadt zu erkunden: Die Vorträge beginnen erst nachmittags. Gegen halb fünf äußert sich Nobelpreisträger Jack Steinberger von der europäischen Organisation für Nuklearforschung, der Einstein persönlich kannte, zum Thema "Einsteins Erbe – die soziale Verantwortung von Physikern und die nukleare Abrüstung."
"Die gesellschaftliche Verantwortlichkeit von Physikern ist ein äußerst schwieriges Thema", so Steinberger, "denn oft sind die gesellschaftlich-sozialen Auswirkungen von Grundlagenforschung nicht absehbar." Ein Beispiel hierfür sei Einstein selbst gewesen, der die Entwicklung der Atombombe zunächst unterstützte – in der Sorge, die Nazis könnten sie zuerst haben –, als sich aber die ungeheuerliche Zerstörungskraft dieser Waffen zeigte, zum leidenschaftlichen Gegner der atomaren Aufrüstung wurde.
Die Verantwortung des Physikers, betont Steinberger, läge vor allem darin, Öffentlichkeit und politische Entscheidungsträger über seine Arbeit zu informieren – was häufig aber alles andere als leicht sei.
Der Rekord des weltweiten Atomwaffenarsenals war 1990 erreicht – damals verfügten sowohl die USA als auch die zerfallende Sowjetunion über jeweils mehr als zehntausend atomare Gefechtsköpfe. Diese Zahl hat seither abgenommen, doch noch heute existieren in Russland und den USA jeweils mehr als fünftausend Gefechtsköpfe.
"Der einzige Weg, die Proliferation von Atomwaffen zu verhindern, besteht in einer weltweiten atomaren Abrüstung – und der Schlüssel hierfür liegt bei den USA", sagt Steinberger und entschuldigt sich für seine politische Stellungnahme im Rahmen einer Physiktagung. Beim Publikum kommt sein Vortag aber offenbar gut an – die Zuhörer beteiligen sich anschließend lebhaft an der Diskussion.
Wer hat Schuld?
Später referiert Brigitte Falkenburg von der Uni Dortmund. "Unsere Verantwortung für das Klima – was können wir wissen", lautet der Titel ihres Vortrags. Falkenburg ist Philosophin und geht das Thema dementsprechend an. So stellt sie zunächst die Frage in den Raum: Was ist Verantwortung?
Es zeigt sich, dass diese im Bereich das Klimas nur schwer zu definieren ist. "Denn das Klima ist kein öffentliches Gut, und seine Änderungen sind nicht direkt erfahrbar", so Falkenburg. Anders als Land, Nahrung, Mineralien oder ähnliches könne man die Ressource "Klima" nicht direkt verbrauchen.
Wer ist also schuld, wenn sich das Klima ändert? Eine Frage, die man – so Falkenburg – nicht beantworten kann. Sicher sei nur, dass die CO2-Konzentration seit Beginn der Industrialisierung dramatisch ansteige und mittlerweile so hoch sei wie in Jahrtausenden zuvor nicht. Doch ob und wie sich das auf das Klima auswirkt, könne zurzeit niemand sagen. "Sichere Prognosen dazu haben wir erst, wenn es zu spät ist – wir können sie also nicht abwarten", meint Falkenburg und plädiert für eine Politik des "Klimaschutz vor Ökonomie".
Sowohl Steinbergs als auch Falkenburgs Beitrag gehören zu den öffentlichen Lesungen der DPG-Tagung, die sich an das allgemeine Publikum richten. Und was sagt dieses dazu? "Ich fand die Beiträge sehr interessant", meint ein Fachhochschullehrer aus Magdeburg. Eine medizinisch-technische Assistentin aus Berlin erlebte den Klimavortrag hingegen als "ziemlich langweilig". Die Geschmäcker sind eben verschieden. Gerammelt voll waren die Hörsäle allemal, und das wird vermutlich auch bei den nächsten öffentlichen Lesungen der Fall sein.
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