News: Außerirdische Schätze
Doch mithilfe verfeinerter Analysentechniken entstand schließlich ein neues Bild. Metalle wie Osmium, Ruthenium oder Palladium sind in den Peridotiten des Erdmantels nur in Größenordnungen vorhanden, die in ppb (parts per billion) gemessen werden. Erst als Wissenschaftler so winzige Mengen messen konnten, zeigte sich, dass die Konzentrationsverhältnisse verschiedener Edelmetalle keineswegs so homogen und eindeutig sind, wie es die Theorie erfordert hätte. Denn je nachdem, woher die Proben stammten, variierten insbesondere die Palladium/Iridium-Verhältnisse derart, dass die Theorie der chondritischen Herkunft zu wanken begann. Eher hilflos glaubte man nun an die Existenz chemisch andersartiger Chondrite, oder auch an nachträgliche Wechselwirkungen zwischen Mantel und Kern. Andere Forscher vermuteten hingegen, dass allerlei gesteinsbildende Prozesse im oberen Mantel für die regionalen Unterschiede verantwortlich sein könnten.
Und in der Tat bestärken neue Ergebnisse, dass sich so die nicht-chondritische Verteilung der Edelmetallkonzentrationen im Erdmantel erklären ließe. Olivier Alard vom Department of Earth and Planetary Sciences der Macquarie University in Sydney hat sich mit seiner Arbeitsgruppe nämlich nicht auf die Analyse von Gesteinsproben konzentriert, sondern auf die einzelnen darin enthaltenen Minerale. Auf diese Weise erkannten die Wissenschaftler, dass die Edelmetalle fast vollständig mit Schwefel assoziert sind, also in sulfidischen Mineralen vorkommen. Diese Sulfide treten in zwei unterschiedlichen Formen auf – die einen finden sich als Einschlüsse in silikatischen Mineralen, die anderen bilden Äderchen entlang ihrer Grenzen (Nature vom 19. Oktober 2000).
In beiden Formen finden sich typische, wenn auch unterschiedliche Edelmetallverhältnisse. Interessanterweise sind sie zueinander komplementär. Während Platin in den Sulfidäderchen relativ zu anderen Edelmetallen angereichert ist, kehren sich die Verhältnisse in den sulfidischen Einschlüssen um. Alard und seine Kollegen sehen dies als Hinweis darauf, dass die Sulfide das Resultat unterschiedlicher Prozesse sind. Während die Einschlüsse infolge einer partiellen Aufschmelzung der Gesteine entstanden, kristallisierten die feinen Adern aus schwefelhaltigen Lösungen. Jede dieser Entstehungsweisen drückt sich in typischen Elementverteilungen aus, denn die einen entstanden in Folge einer Erhitzung, die anderen durch Abkühlung.
Die Erkenntnisse zeigen, dass die Schmelzvorgänge im oberen Erdmantel sowohl zu erhöhten als auch erniedrigten Edelmetallverhältnissen führen können. In ihrer Gesamtheit entsprechen sie aber in etwa der chondritischen Zusammensetzung. Die regional unterschiedlichen Palladium/Iridium-Verhältnisse lassen sich nach Meinung der Wissenschaftler daher gut mit den Prozessen lokaler Erhitzung und Abkühlung erklären. Durch die Analyse einzelner Minerale im Gesteinsverbund entdeckten die Geochemiker in ihrem Weltbild zahlreiche neue Details, um dessen Grundfesten müssen sie nun aber nicht mehr fürchten.
Siehe auch
- Spektrum Ticker vom 5.9.2000
"Einblick in die Kinderstube des Sonnensystems"
(nur für Ticker-Abonnenten zugänglich) - Spektrum Ticker vom 28.7.2000
"Goldregen aus dem All"
(nur für Ticker-Abonnenten zugänglich) - Spektrum Ticker vom 8.6.2000
"Leider nichts Neues über die Erdentstehung"
(nur für Ticker-Abonnenten zugänglich) - Spektrum Ticker vom 2.6.2000
"Zeuge alter Zeiten " - Spektrum der Wissenschaft 11/94, Seite 30
"Die Kern-Mantel-Grenze: Schaltstelle der Geodynamik"
(nur für Heft-Abonnenten online zugänglich)
Der Heidelberger Verlag Spektrum der Wissenschaft ist Betreiber dieses Portals. Seine Online- und Print-Magazine, darunter »Spektrum der Wissenschaft«, »Gehirn&Geist« und »Spektrum – Die Woche«, berichten über aktuelle Erkenntnisse aus der Forschung.
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.