Sprache und Denken: Babys verbinden Tonhöhen mit "dick" und "dünn"
Steigt die Frequenz eines Tones, wird er "höher". So zumindest beschreiben wir ihn auf Deutsch, Englisch und vielen weiteren Sprachen. In Persien und der Türkei dagegen bezeichnen die Menschen Töne nicht als "hoch" oder "tief", sondern als "dünn" oder "dick". Dieser sprachliche Unterschied beeinflusst auch das Denken: Während wir Veränderungen der Tonlage durch eine auf- und absteigende Kurve darstellen würden, verbinden Farsi-Muttersprachler damit eher eine dicker und dünner werdende Linie.
Bedingt die Sprache das Denken?
Entwickelt sich die Wahrnehmung von Tönen als "hoch" oder "dünn" also erst durch die Sprache? Da die meisten Idiome Tonhöhe eher mit räumlicher Höhe in Verbindung bringen, wäre es denkbar, dass diese Assoziation bereits von klein auf angelegt ist, während die Verbindung zu räumlicher Ausdehnung nur in Kulturkreisen mit entsprechender Sprache entsteht.
Forscher um Asifa Majid von der Radboud-Universität in Nimwegen und Sarah Dolscheid von der Universität Köln zeigten 40 niederländischen Babys im Alter von vier Monaten entweder Videos von einem auf und ab fliegenden Ball oder von einem Rohr, das dicker und dünner wurde. Begleitet waren diese Filme jeweils von einem Ton, dessen Frequenz sich entweder passend zur Bewegung veränderte – also höher wurde, wenn der Ball aufstieg oder sich das Rohr verschmälerte – oder genau entgegengesetzt. Wenn die Babys besonders lange das Video beobachteten, ließ sich daraus schließen, dass die Kombination von Ton und Bild ihren Assoziationen entsprach.
Die Wahrnehmung ist flexibel
Tatsächlich verfolgten Kinder den virtuellen Ball länger mit den Augen, wenn die Veränderung der Tonhöhe mit seiner Bewegung übereinstimmte. Das gleiche Ergebnis zeigte sich aber auch bei dem dicker oder dünner werdenden Rohr. Passte der Klang nicht zu den Ereignissen auf dem Bildschirm, schauten die Babys rund fünf Sekunden kürzer zu, was einer Verringerung um etwa 20 Prozent entsprach. Demnach sind beide Assoziationen bereits vor dem Spracherwerb angelegt. Erst später sorgt die Sprache dafür, dass Erwachsene sich auf eine Wahrnehmungsart festlegen.
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