News: Bad Vibrations
Gegen Schmarotzer verteidigen Webspinnen ihr Eigelege mit aller Entschlossenheit. Spinnefeinde Gegner setzen Desinformation und Ablenkung dagegen.
Eine inmitten des Netzes zappelnde Fliege, eine hungrig herbeieilende Spinne – da sind, möchte der unbeteiligte menschliche Beobachter meinen, Opfer- und Täterrolle wohl eindeutig vergeben. Wenn es sich bei der Fliege um Arachnidomyia lindae handelt, ist man dann allerdings selbst zum Opfer eines taktischen Ablenkungsmanövers der Fliege geworden – wie auch die gierige Spinne.
Spinnen haben nicht nur die Aufgabe, Fangnetze zu weben und darin faul auf hineingeratene Beute zu lauern. Mindestens ebenso wichtig kann für sie sein, über die ungestörte Entwicklung der nachfolgenden Spinnengeneration zu wachen. Bevor etwa die Jungtiere der koloniebildenden, mexikanischen Spinne Metepeira incrassata schlüpfen, reifen sie in Eiern heran, die – von einer derben Schutzhülle umgeben – in Paketform an einem sicheren Ort nahe des Fangnetzes abgelegt werden.
Diese nährstoffreichen Eipakete sind ein lohnendes Ziel für vielerlei räuberische Spinnenfeinde und müssen daher von den Spinnen sorgsam im Auge gehalten werden. Um dabei gleichzeitig ihr Fangnetz überwachen zu können, verbinden sich die Spinnen mit diesem über einen Spinnfaden als Kommunikationsdraht, der im Falle des Falles die Vibrationen eines verhedderten Beutetieres übermittelt. Dann erst verlässt die Spinne ihren Posten und sichert sich die Beute.
Auf die solcherart gut bewachten Eipakete von M. incrassata hat es nun die saprozoische Fliege Arachnidomyia lindae abgesehen. Die Fliege möchte sich die Eier dabei nicht selber einverleiben, sondern sie als Vorratskammer für ihren eigenen Nachwuchs missbrauchen. Dazu legt sie ihre eigenen Eier vor dem Spinnengelege ab: Die schlüpfenden Fliegenlarven müssen dann nur noch die Schutzhülle um die Spinneneier durchbohren – wozu sie etwa 15 Minuten benötigen – und können sich dann inmitten der nährstoffreichen Umgebung ungestört wie die Made im Speck durchfressen.
Genau dies zu verhindern, treten natürlich die Metepeira-Spinnen an: Entdecken sie geschlüpfte Fliegenmaden außerhalb der Gelegeschutzhülle, so machen sie damit kurzen Prozess. Und kommt eine der parasitoiden Fliegen in ihre Nähe, so umkurven sie abwehrbereit ihr Gelege und verstellen dem Eindringling den Weg zur Eiablage.
Wie George Uetz und seine Kollegen von der University of Cincinatti nun herausfanden, erkennen die Spinnen die Fliegenfeinde dabei an der charakteristischen Frequenz ihres Flügelschlages: Sobald die Forscher experimentell eine fixierte, aber flügelschlagende Arachnidomyia-Fliege in die Nähe der Spinnen brachten, begannen diese stets mit ihrem charakteristischen Abwehrverhalten. Auch Tonaufnahmen des feindlichen Flügelschlags alarmierten die Spinnen, wohingegen eine flügelschlagende Stubenfliege die Wächter völlig kalt ließ.
Um ihre Eier ungeachtet des Spinnenwachdienstes erfolgreich nahe der Spinnengelege zu platzieren, ließ sich Arachnidomyia nun, wie die Wissenschaftler weiter herausfanden, ein klassisches Ablenkungsmanöver einfallen: Die Fliegen begeben sich dazu in die weniger klebrige Mitte des Spinnennetzes und simulieren panische Bewegungen eines in die Falle getappten Beuteinsekts. Diese Vibrationen alarmieren über den Signalfaden die Wächterspinne und veranlassen sie, sofort zum Fangnetz zu eilen, um die vermeintliche Beute einzusammeln. Dabei lassen sie das eigene Gelege im Stich.
Die Abwesenheit der Spinne nutzt dann die vom Netz zurückkehrende Fliege zur Eiablage. Falls dazu genug Zeit bleibt – denn der Flügelschlag der Fliege veranlasst die Spinne wiederum zum schleunigsten Zurückeilen.
Dieses Spiel – Rütteln am Netz, versuchte Eiablage, Flucht vor der zurückgekehrten Spinne, erneutes Rütteln am Netz – kann sich dabei einige Male wiederholen, bis die Eiablage erfolgreich ist. Oder bis es der Spinne zu dumm wird: Diese entwickelte nämlich, wie die Wissenschaftler abschließend entdeckten, ihrerseits eine Gegenmaßnahme gegen die wiederholten Ablenkungsversuche. Nach mehrmaligem Hin- und Herhetzen kappt die Spinne einfach ihren Signalfaden und beraubt sich damit gezielt der Möglichkeit, auf einen erneuten falschen Alarm hereinfallen zu können. Dann erst herrscht Ruhe – bis der freiwillige Kommunikationsverweigerer, nach einiger Zeit trügerischen Friedens, den Signalfaden neu spinnt.
Spinnen haben nicht nur die Aufgabe, Fangnetze zu weben und darin faul auf hineingeratene Beute zu lauern. Mindestens ebenso wichtig kann für sie sein, über die ungestörte Entwicklung der nachfolgenden Spinnengeneration zu wachen. Bevor etwa die Jungtiere der koloniebildenden, mexikanischen Spinne Metepeira incrassata schlüpfen, reifen sie in Eiern heran, die – von einer derben Schutzhülle umgeben – in Paketform an einem sicheren Ort nahe des Fangnetzes abgelegt werden.
Diese nährstoffreichen Eipakete sind ein lohnendes Ziel für vielerlei räuberische Spinnenfeinde und müssen daher von den Spinnen sorgsam im Auge gehalten werden. Um dabei gleichzeitig ihr Fangnetz überwachen zu können, verbinden sich die Spinnen mit diesem über einen Spinnfaden als Kommunikationsdraht, der im Falle des Falles die Vibrationen eines verhedderten Beutetieres übermittelt. Dann erst verlässt die Spinne ihren Posten und sichert sich die Beute.
Auf die solcherart gut bewachten Eipakete von M. incrassata hat es nun die saprozoische Fliege Arachnidomyia lindae abgesehen. Die Fliege möchte sich die Eier dabei nicht selber einverleiben, sondern sie als Vorratskammer für ihren eigenen Nachwuchs missbrauchen. Dazu legt sie ihre eigenen Eier vor dem Spinnengelege ab: Die schlüpfenden Fliegenlarven müssen dann nur noch die Schutzhülle um die Spinneneier durchbohren – wozu sie etwa 15 Minuten benötigen – und können sich dann inmitten der nährstoffreichen Umgebung ungestört wie die Made im Speck durchfressen.
Genau dies zu verhindern, treten natürlich die Metepeira-Spinnen an: Entdecken sie geschlüpfte Fliegenmaden außerhalb der Gelegeschutzhülle, so machen sie damit kurzen Prozess. Und kommt eine der parasitoiden Fliegen in ihre Nähe, so umkurven sie abwehrbereit ihr Gelege und verstellen dem Eindringling den Weg zur Eiablage.
Wie George Uetz und seine Kollegen von der University of Cincinatti nun herausfanden, erkennen die Spinnen die Fliegenfeinde dabei an der charakteristischen Frequenz ihres Flügelschlages: Sobald die Forscher experimentell eine fixierte, aber flügelschlagende Arachnidomyia-Fliege in die Nähe der Spinnen brachten, begannen diese stets mit ihrem charakteristischen Abwehrverhalten. Auch Tonaufnahmen des feindlichen Flügelschlags alarmierten die Spinnen, wohingegen eine flügelschlagende Stubenfliege die Wächter völlig kalt ließ.
Um ihre Eier ungeachtet des Spinnenwachdienstes erfolgreich nahe der Spinnengelege zu platzieren, ließ sich Arachnidomyia nun, wie die Wissenschaftler weiter herausfanden, ein klassisches Ablenkungsmanöver einfallen: Die Fliegen begeben sich dazu in die weniger klebrige Mitte des Spinnennetzes und simulieren panische Bewegungen eines in die Falle getappten Beuteinsekts. Diese Vibrationen alarmieren über den Signalfaden die Wächterspinne und veranlassen sie, sofort zum Fangnetz zu eilen, um die vermeintliche Beute einzusammeln. Dabei lassen sie das eigene Gelege im Stich.
Die Abwesenheit der Spinne nutzt dann die vom Netz zurückkehrende Fliege zur Eiablage. Falls dazu genug Zeit bleibt – denn der Flügelschlag der Fliege veranlasst die Spinne wiederum zum schleunigsten Zurückeilen.
Dieses Spiel – Rütteln am Netz, versuchte Eiablage, Flucht vor der zurückgekehrten Spinne, erneutes Rütteln am Netz – kann sich dabei einige Male wiederholen, bis die Eiablage erfolgreich ist. Oder bis es der Spinne zu dumm wird: Diese entwickelte nämlich, wie die Wissenschaftler abschließend entdeckten, ihrerseits eine Gegenmaßnahme gegen die wiederholten Ablenkungsversuche. Nach mehrmaligem Hin- und Herhetzen kappt die Spinne einfach ihren Signalfaden und beraubt sich damit gezielt der Möglichkeit, auf einen erneuten falschen Alarm hereinfallen zu können. Dann erst herrscht Ruhe – bis der freiwillige Kommunikationsverweigerer, nach einiger Zeit trügerischen Friedens, den Signalfaden neu spinnt.
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