News: Bakterielle Egoisten
"Selbst in diesem einfachen Sozialsystem gibt es Betrüger", sagt Gregory Velicer. Der Wissenschaftler von der Michigan State University untersucht das Verhalten des Bakteriums Myxococcus xanthus. Unter mehreren Myxococcus-Varianten hat er einige ausgesprochene Schmarotzer gefunden, die sich ohne Rücksicht auf die ehrlichen Organismen durchsetzen (Nature vom 6. April 2000). Diese Varianten unterscheiden sich von den Wild-Typ-Bakterien durch Defekte in den Entwicklungsgenen: Während der Hungerphasen können solche Mutanten weder Sporen noch Fruchkörper ausbilden. Allerdings erlebte das Team um Velicer eine Überraschung, als es Wild-Typ und Varianten von Myxococcus zusammen gab und beobachtete, wie sich die Mischung unter Nahrungsmangel verhält. Die Forscher hatten erwartet, dass die defekten Bakterien zugrunde gehen, aber es geschah genau umgekehrt. Die Varianten konnten die Botschaften der Wild-Typ-Bakterien nutzen, ihre eigene Schwäche dabei ausgleichen und wieder Sporen bilden. Darin waren sie sogar besser als ihre nichtsahnenden Kollegen. "Die Betrüger sporulieren nicht auf gleichem Niveau wie die normalen Zellen, sondern sie bilden mehr Sporen", sagt Velicer.
Die Ergebnisse aus Michigan liefern wertvolle Einblicke, wie Populationen von Myxobakterien sich verhalten und wandeln können. Der Konflikt zwischen den normalen und den abtrünnigen Organismen ist ein "wichtiger Faktor in der Entwicklung aller kooperativen sozialen Systeme", so Velicer. Es gibt immer einen Anteil an hinterhältigen Betrügern, wäre er größer, würde das System zusammenbrechen. Aber während der Evolution hat dieser Anteil an Egoisten wohl ausgereicht, damit aus dem Verband einzelner Bakterien kein vielzelliger Organismus entstand.
Siehe auch
- Spektrum der Wissenschaft 8/97, Seite 38
"Epothilone: neue Wirkstoffe gegen Krebs"
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