News: Bakterielle Kristallzüchter
Bakterien sind immer wieder für eine Überraschung gut. So bilden die Bewohner einer überfluteten ehemaligen Mine lange, durch Eisenoxide verkrustete Fasern. Und die bizarren Gebilde erfüllen auch noch einen sinnvollen Zweck.
Stillgelegte, überflutete Minen dürften für Mikrobiologen mit die reichsten und spannendsten Fundgruben darstellen. Durchaus daran gewöhnt, dass ihre winzigen Forschungsobjekte jeden noch so ungewöhnlichen Lebensraum erobert haben, lernen die Wissenschaftler auch hier noch ständig dazu, was Mutter Natur alles möglich macht.
Ein neues Beispiel zum Staunen stammt nun aus dem kürbisfarbenen Fluten tief in der ehemaligen Eisenerzmine Piquette Mine in Südwest-Wisconsin. Regelmäßig holen hier Taucher Proben des Biofilms und des eingeströmten Grundwassers an Tageslicht, die dann von Forschern der Universitäten in Berkeley und in Madison untersucht werden.
Bei diesen Arbeiten stießen die Wissenschaftler um Jill Banfield auf seltsame, etliche Mikrometer lange, aber nur bis zu 200 Nanometer dicke verkrustete Fasern aus Eisenoxiden. In manchen Fällen schienen die an Haare erinnernden, krummen Gebilde direkt aus Bakterien herauszuwachsen. Sollten sie ein weiteres, bizarres Beispiel sein für so genannte Biominerale, also durch lebende Zellen gebildete feste Strukturen wie Knochen, Zähne oder Schalen?
Um diese Frage zu klären, schauten die Wissenschaftler erst einmal mit modernster Technik ganz genau hin. Elektronenmikroskopische Aufnahmen und Röntgen-Spektromikroskopie, um nur zwei Verfahren zu nennen, brachten schließlich ans Licht, dass die Krusten nicht etwa zufällig entstanden waren, sondern tatsächlich eine von den Bakterien geschaffene Vorlage hatten: einen Polymerstrang, höchstwahrscheinlich aus einer vielgliedrigen Zuckerkette, einem Polysaccharid, das an der Oberfläche der Bakterienzelle ansetzt. Und es zeigte sich weiterhin, dass die Fasern aus einem Kristallkern aus Akaganeit bestehen, der von amorphen oder feinkristallinen Eisenoxiden umhüllt ist.
Wenn Bakterien das können, warum dann nicht auch wir, dachten sich wohl Banfield und ihre Mitarbeiter, und betätigten sich selbst als Kristallzüchter: Sie versetzten eine Polysaccharidlösung mit gelösten Eisen(III)-Ionen und beobachteten, was passiert. Und siehe da: Als sie ihre Probe anschließend mit einem Röntgenmikroskop gründlich durchforschten, spürten sie den natürlichen Vorbildern stark ähnelnde Filamente auf. Die chemische Analyse, die darin wiederum Eisen und Kohlenstoff als Bestandteile nachwies, bestätigte die Hoffnung: Den Forscher war wohl tatsächlich eine Kopie gelungen. In einem weiteren Experiment gelang es ihnen sogar, das Kernmaterial Akaganeit nachzubauen.
Aber – was haben die Bakterien von ihren störrischen Anhängseln, die sie offenbar nach einiger Zeit abwerfen? Bisher galten solche Kristalle entweder als Navigationshilfe wie im Falle des Magnetits oder als Entsorgungsmethode für unangenehme, weil beispielsweise giftige Zellabfälle. Im Falle der Minenexperten hier vermuten Banfield und ihre Kollegen aber einen ganz anderen Mechanismus: Die Krusten sollen bei der Energiegewinnung helfen.
Denn, so erklären die Forscher, bei der Ausfällung der Eisenoxide werden Eisen(II)-Ionen zu Eisen(III)-Ionen oxididert – und damit, durch die Reaktion mit Wasser, Protonen freigesetzt. Lokal wird es also plötzlich ziemlich sauer außen an der Bakterienzelle, was aber durchaus in ihrem Sinne ist: Es verstärkt den pH-Unterschied zwischen Zellinnerem und Umgebung. Und das wiederum kurbelt entscheidend das Einströmen von Protonen in die Zelle an und sorgt so für eine reiche Ausbeute an der Energiewährung ATP.
Eine ungewöhnliche Lösung für einen besonderen Lebensraum? Vielleicht. Mag sein, dass sich derselbe Mechanismus auch noch an ganz anderen Orten findet. Jedenfalls könnte das Aufdecken der charakteristischen Merkmale solcher Sonderanfertigungen noch für weitere Forschungsdisziplinen sehr interessant sein: Den Geowissenschaftlern könnten sie helfen, auch in frühen oder überprägten Ablagerungen Spuren von Leben nachzuweisen, ebenso wie Astrobiologen, die bekanntermaßen dieselbe Suche beschäftigt. Vielleicht finden sich ja auf dem Mars ähnlich bizarre, verkrustete "Haare" wie die jener Bewohner kürbisfarbener Minenwässer – oder zumindest deren eindeutige Signaturen.
Ein neues Beispiel zum Staunen stammt nun aus dem kürbisfarbenen Fluten tief in der ehemaligen Eisenerzmine Piquette Mine in Südwest-Wisconsin. Regelmäßig holen hier Taucher Proben des Biofilms und des eingeströmten Grundwassers an Tageslicht, die dann von Forschern der Universitäten in Berkeley und in Madison untersucht werden.
Bei diesen Arbeiten stießen die Wissenschaftler um Jill Banfield auf seltsame, etliche Mikrometer lange, aber nur bis zu 200 Nanometer dicke verkrustete Fasern aus Eisenoxiden. In manchen Fällen schienen die an Haare erinnernden, krummen Gebilde direkt aus Bakterien herauszuwachsen. Sollten sie ein weiteres, bizarres Beispiel sein für so genannte Biominerale, also durch lebende Zellen gebildete feste Strukturen wie Knochen, Zähne oder Schalen?
Um diese Frage zu klären, schauten die Wissenschaftler erst einmal mit modernster Technik ganz genau hin. Elektronenmikroskopische Aufnahmen und Röntgen-Spektromikroskopie, um nur zwei Verfahren zu nennen, brachten schließlich ans Licht, dass die Krusten nicht etwa zufällig entstanden waren, sondern tatsächlich eine von den Bakterien geschaffene Vorlage hatten: einen Polymerstrang, höchstwahrscheinlich aus einer vielgliedrigen Zuckerkette, einem Polysaccharid, das an der Oberfläche der Bakterienzelle ansetzt. Und es zeigte sich weiterhin, dass die Fasern aus einem Kristallkern aus Akaganeit bestehen, der von amorphen oder feinkristallinen Eisenoxiden umhüllt ist.
Wenn Bakterien das können, warum dann nicht auch wir, dachten sich wohl Banfield und ihre Mitarbeiter, und betätigten sich selbst als Kristallzüchter: Sie versetzten eine Polysaccharidlösung mit gelösten Eisen(III)-Ionen und beobachteten, was passiert. Und siehe da: Als sie ihre Probe anschließend mit einem Röntgenmikroskop gründlich durchforschten, spürten sie den natürlichen Vorbildern stark ähnelnde Filamente auf. Die chemische Analyse, die darin wiederum Eisen und Kohlenstoff als Bestandteile nachwies, bestätigte die Hoffnung: Den Forscher war wohl tatsächlich eine Kopie gelungen. In einem weiteren Experiment gelang es ihnen sogar, das Kernmaterial Akaganeit nachzubauen.
Aber – was haben die Bakterien von ihren störrischen Anhängseln, die sie offenbar nach einiger Zeit abwerfen? Bisher galten solche Kristalle entweder als Navigationshilfe wie im Falle des Magnetits oder als Entsorgungsmethode für unangenehme, weil beispielsweise giftige Zellabfälle. Im Falle der Minenexperten hier vermuten Banfield und ihre Kollegen aber einen ganz anderen Mechanismus: Die Krusten sollen bei der Energiegewinnung helfen.
Denn, so erklären die Forscher, bei der Ausfällung der Eisenoxide werden Eisen(II)-Ionen zu Eisen(III)-Ionen oxididert – und damit, durch die Reaktion mit Wasser, Protonen freigesetzt. Lokal wird es also plötzlich ziemlich sauer außen an der Bakterienzelle, was aber durchaus in ihrem Sinne ist: Es verstärkt den pH-Unterschied zwischen Zellinnerem und Umgebung. Und das wiederum kurbelt entscheidend das Einströmen von Protonen in die Zelle an und sorgt so für eine reiche Ausbeute an der Energiewährung ATP.
Eine ungewöhnliche Lösung für einen besonderen Lebensraum? Vielleicht. Mag sein, dass sich derselbe Mechanismus auch noch an ganz anderen Orten findet. Jedenfalls könnte das Aufdecken der charakteristischen Merkmale solcher Sonderanfertigungen noch für weitere Forschungsdisziplinen sehr interessant sein: Den Geowissenschaftlern könnten sie helfen, auch in frühen oder überprägten Ablagerungen Spuren von Leben nachzuweisen, ebenso wie Astrobiologen, die bekanntermaßen dieselbe Suche beschäftigt. Vielleicht finden sich ja auf dem Mars ähnlich bizarre, verkrustete "Haare" wie die jener Bewohner kürbisfarbener Minenwässer – oder zumindest deren eindeutige Signaturen.
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