News: Bakterielle Locken
Bereits Alois Alzheimer entdeckte in den Gehirnen verstorbener Patienten kugelförmige Peptidablagerungen, die er "senile Plaques" nannte. Inzwischen kennt man den chemischen Aufbau dieser auch beta-Amyloid genannten Peptide; ob sie die Krankheit unmittelbar auslösen oder nur als begleitendes Symptom auftauchen, bleibt allerdings nach wie vor rätselhaft. Doch betrachtet die Wissenschaft diese Plaques bisher als krankhafte Erscheinung, die nur bei höheren Organismen vorkommt.
Weit gefehlt, sagt Matthew Chapman von der Washington University. Zusammen mit seinen Kollegen untersuchte er faserartige Strukturen, die von dem Bakterium Escherichia coli gebildet werden. Diese Fasern, die auch bei anderen Bakterien wie Salmonella auftreten, werden von Mikrobiologen aufgrund ihres lockenartigen Aussehens als curli bezeichnet. Mit ihnen vernetzen sich die Mikroorganismen zu Biofilmen und steigern damit ihre Abwehrfähigkeit gegen Antibiotika.
Bei der Analyse der curli von E. coli zeigte sich eine verblüffende Ähnlichkeit zu den Amyloid-Plaques. Dabei gibt das Bakterium Proteine namens CsgA an das Außenmedium ab. Diese Proteine verbinden sich mit CsgB, das als "Kondensationskeim" in der Bakterienzellwand die schnelle Vernetzung der Proteine auslöst. Die Folge ist ein engmaschiges Netz, mit denen sich die Bakterien untereinander zu einem undurchdringlichen Biofilm zusammenschließen.
"Dies ist das erste Beispiel für eine molekulare Maschinerie, die Amyloide produziert", betont Arbeitsgruppenleiter Scott Hultgren. "Gleichzeitig zeigt es uns, dass die Amyloid-Produktion nicht immer als Fehlfunktion aufzufassen ist." Die Wissenschaftler hoffen, mit E. coli die Bildung der Plaques besser zu verstehen und eventuell sogar Mittel für ihre Bekämpfung finden zu können. Und vielleicht, so spekulieren die Forscher, könnten bakterielle Infektionen bei der Alzheimer-Krankheit eine bisher noch unbekannte Rolle spielen.
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