Direkt zum Inhalt

Biochemie: Bakterielles Stromnetz

Einzellige Mikrobe
Sedimentschichten am Meeresgrund sind kein paradiesischer Lebensraum. An der Oberfläche gibt es Sauerstoff, doch dafür sind Nährstoffe oft rar. Tiefer im Boden existieren energiereichere chemische Verbindungen; die aber ließen sich nur mit nicht vorhandenem Sauerstoff effizient verstoffwechseln. Offenbar haben manche Bakterien einen Ausweg aus diesem Dilemma gefunden: Wie bei einer Batterie koppeln sie weit entfernte Oxidations- und Reduktionsreaktionen über einen Stromkreis miteinander.

Batterie im Meeresboden | Die Bildung einer grünen, rostbraunen und grauen Schicht in Meeresbodenschlamm aus der Bucht von Aarhus demonstriert in diesem Versuch, dass Bakterien über Wochen hinweg einen Stromkreis unterhalten haben: Unten wurden Nährstoffe oxidiert und dabei Elektronen freigesetzt, die nach oben wanderten und dort zur Reduktion von Sauerstoff dienten.
"Vereinfacht könnte man sagen, dass manche Bakterien im Untergrund für alle 'essen', während andere an der Oberfläche für alle 'atmen'", erklärt Lars Peter Nielsen von der Universität Aarhaus, der mit seinem Team den Vorgang entdeckte. Die Bakterien im sauerstofflosen Substrat ernähren sich von organischem Material sowie Schwefelwasserstoff. Sie oxidieren beides und setzen dabei Elektronen frei. Diese fließen an die Oberfläche und dienen dort zur Reduktion von Sauerstoff, was wiederum andere Bakterien als Lebensgrundlage nutzen. Bei Sauerstoffmangel stoppt auch die Reaktion in der Tiefe sofort, weshalb nur eine elektrische Verbindung und nicht etwa wesentlich langsamere Diffusionsvorgänge als Vermittler in Frage kommen.

Wie der Strom geleitet wird, ist noch unklar. Von manchen Bakterien weiß man jedoch, dass sie Zellfortsätze bilden, die Elektronen transportieren. Möglicherweise stellen auch leitfähige Eisenmineralien die Verbindung her. Die Dimensionen des Netzwerks sind bislang ebenfalls unbekannt. Im Labor reichte es 12 Millimeter weit – für Bakterienmaßstäbe eine beträchtliche Distanz.

Ralf Strobel / Daniel Lingenhöhl

Schreiben Sie uns!

Beitrag schreiben

Wir freuen uns über Ihre Beiträge zu unseren Artikeln und wünschen Ihnen viel Spaß beim Gedankenaustausch auf unseren Seiten! Bitte beachten Sie dabei unsere Kommentarrichtlinien.

Tragen Sie bitte nur Relevantes zum Thema des jeweiligen Artikels vor, und wahren Sie einen respektvollen Umgangston. Die Redaktion behält sich vor, Zuschriften nicht zu veröffentlichen und Ihre Kommentare redaktionell zu bearbeiten. Die Zuschriften können daher leider nicht immer sofort veröffentlicht werden. Bitte geben Sie einen Namen an und Ihren Zuschriften stets eine aussagekräftige Überschrift, damit bei Onlinediskussionen andere Teilnehmende sich leichter auf Ihre Beiträge beziehen können. Ausgewählte Zuschriften können ohne separate Rücksprache auch in unseren gedruckten und digitalen Magazinen veröffentlicht werden. Vielen Dank!

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.