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News: Bakterien im Hinterhalt

Wird feindliche Übermacht zu groß, so lohnt oft Wandelbarkeit und Versteckspiel, um zu überleben. Eine Lehrstunde erteilen Lebensmittel vergiftende Bakterien.
Sie sind viele, dabei klein und unscheinbar, kennen eine ganze Reihe verblüffender Überlebenstricks, und ihre beliebtesten Trojanischen Pferde sind Rotschimmel-Weichkäse und Rohmilch: Listerien. Auf das Konto dieser Bakterien geht auch hierzulande eine Vielzahl von Lebensmittelvergiftungen.

Eine reelle Ausbreitungschance haben die Keime dabei nur bei mangelnder Hygiene: Sie können sich nur vermehren, wenn einige von ihnen, unter Umgehung aller durch Reinlichkeit errichteten Barrieren, in Lebensmittel gelangen und dann – ohne zwischenzeitlich sterilisiert, pasteurisiert oder anderweitig liquidiert worden zu sein – schließlich von Menschen verschluckt werden. Einmal am Ziel, verendet die Mehrzahl der Keime dennoch, angegriffen und besiegt von aufmerksamen Zellen des Immunsystems. Der Rest stirbt spätestens dann, wenn ein befallenes menschliches Opfer, beraten vom kundigen Arzt seines Vertrauens, mit Antibiotika aufrüstet.

Listeriose, der Angriff des Bakteriums Listeria monocytogenes, endet bei Menschen also meist, bevor sie bleibenden Schaden anrichten kann – fatalerweise aber nicht immer. Bei Schwangeren, Kleinkindern oder immungeschwächten Menschen kann sie Fieber, Erbrechen oder Erkrankungen wie Hirnhautentzündung hervorrufen, und bis zu 20 Prozent der Erkrankten sterben sogar an den Folgen der Infektion.

Man weiß schon einiges über die Wege des Bakteriums – endgültig besiegen kann man es dennoch nicht immer. Das liegt vielleicht auch daran, dass selbst der kleinste Keim immer wieder noch Überraschendes zu bieten hat – wie nun wieder ein Forscherteam um Christopher Contag von der Stanford University herausfand, als es den bereits bis ins Detail bekannt geglaubten Listeria-Infektionsverlauf in Labormäusen mit neuer Methodik unter die Lupe nahm.

Die Forscher bauten den Angehörigen eines Listeria-Stamms zunächst gentechnisch ein Leuchtmarker-Gen ein, um den Weg einzelner Keime im Körper einer damit infizierten, lebenden Maus minutiös und punktgenau optisch nachverfolgen zu können. Wie erwartet, breiteten sich die Bakterien zunächst im Unterleib der Mäuse aus und wurden schließlich vom Immunsystem niedergekämpft, quasi über Nacht – nach nur etwa 18 Stunden.

Scheinbar niedergekämpft, denn nach ein paar Tagen wurden plötzlich wieder größere Mengen der überwunden geglaubten Bakterien sichtbar: massiv konzentriert in der Gallenblase der Mäuse. Sie stellte ein ideales Rückzugsgebiet für die Überlebenden unter den Bakterien dar, denn Antikörper und Immunzellen gelangen hier, vermuten die Forscher, nicht in größerer Zahl hinein.

Nun könnte ein sicherer, aber auswegloser Hafen das Ende der Listerien höchstens hinausschieben – würden die Bakterien in der Gallenblase nicht plötzlich einige für ihre Spezies ungewöhnliche Eigenheiten entwickeln. Wie Contag und seine Kollegen herausfanden, verlagern die im Körper ihres Wirtes normalerweise nur innerhalb von Zellen lebenden Listerien ihre Aktivitäten hier in die extrazellulären Bereiche der Gallenblase. Dazu aktivieren sie auch Gene, die es ihnen offenbar ermöglichen, mit den Gallensalzen ihrer neuen Umgebung klar zu kommen. Und: Der plötzlich extrazelluläre Erreger vermehrt sich in der Gallenblase sogar und bildet bei aufeinander folgenden Teilungen lange, für Listerien eigentlich völlig untypisch geglaubte Bakterienketten.

Körperlich erschienen die Listeria-geplagten Mäuse dabei völlig gesund – waren dabei aber zugleich hochinfektiös, denn die Keime gelangten ständig in größeren Mengen über Gallengang und Dünndarm mitsamt verdauter Nahrung ins Freie.

Sollte ähnliches auch bei augenscheinlich gesunden Menschen mit unentdeckter, chronischer Gallenblasen-Listeriose möglich sein, so wären diese ein ständiges Hygienerisiko, erklärt Contag – besonders, wenn sie in sensiblen Bereichen wie der Milchviehzucht oder Käsereien arbeiteten. Listeriose hätte dann einiges gemeinsam mit Typhus: Auch hier erwies sich lange als fatal, augenscheinlich gesunde mit tatsächlich Infektionskeim-freien Personen zu verwechseln – und den kleinen Erregern damit die Chance auf Ausbreitung in Wasser und Nahrung einzuräumen.

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