News: Ballspiele im All
Jim Pawelczyk spielt nicht irgendwo mit seinem Ball. Er befindet sich an einem Ort, wo wir Normalsterblichen wahrscheinlich nicht so schnell hingelangen: im Weltraum. Die Weltraumfähre Columbia soll jetzt aber nicht zu einem Bolzplatz umgebaut werden, sondern Pawelczyks vergebliche Fangübungen haben höhere wissenschaftliche Weihen. Im Rahmen der Neurolab Mission der NASA dient der Astronaut als Versuchskaninchen für Joseph McIntyre vom Laboratoire de Physiologie de la Perception et de l'Action in Paris.
McIntyre beschäftigt sich schon längere Zeit mit fallenden Bällen. Der Neurowissenschaftler interessiert sich für die Frage, wie das Gehirn mit bewegten Objekten umgeht. Denn schließlich kann es um Leben oder Tod gehen, ob wir rechtzeitig erkennen, wann ein fliegendes Objekt auf unseren Körper aufprallt. Bisher gingen Wissenschaftler davon aus, dass sich unser Rechenzentrum im Wesentlichen auf die Sinneseindrücke des Auges verlässt: Wo befindet sich das Objekt, und wie verändert sich seine scheinbare Größe auf der Netzhaut?
Fliegt ein Ball mit konstanter Geschwindigkeit auf uns zu, dann ist die Vorhersage, wann er gegen unseren Kopf prallt, keine besondere Herausforderung. Anders sieht es bei beschleunigter Bewegung aus, denn dann verändert sich die Geschwindigkeit laufend, und eine Vorhersage wird schwierig. Die Sache wird jedoch wieder einfacher, wenn die Beschleunigung immer gleich ist – wie bei der Gravitation. Denn wenn wir die Gesetze eines Physikers namens Isaac Newton berücksichtigen, können wir den Aufenthaltsort des Balls zu jeder Zeit berechnen.
Weiß unser Gehirn etwas über Newton'sche Axiome, auch ohne dass wir sie in der Schule gepaukt haben? Um diese Frage zu beantworten, ließ McIntyre die Astronauten Ball spielen. Sie sollten einen Ball fangen, der mit zufällig gewählter Geschwindigkeit von oben auf sie zukommt. Was auf der Erde kein Problem ist, klappt jedoch nicht im Weltraum. Daraus schließt McIntyre, dass wir tatsächlich die konstante Beschleunigung durch die Gravitation unbewusst mit berücksichtigen. Und deshalb stellt sich ein sechsjähriges Kind auf der Erde geschickter an als ein Wissenschaftler im All.
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