DNA-Origami: Basteln mit der Doppelhelix
Ein neues Bauprinzip macht es möglich: Mit DNA-Strängen lassen sich jetzt auch dreidimensionale Formen konstruieren. Nanoforscher hoffen auf maßgeschneiderte Medikamenten-Container und Träger für winzige Messinstrumente.
Milliarden von Jahren hat sie lediglich Erbinformationen getragen, jetzt soll sie eine wesentlich konkretere Last stemmen: die DNA, das Riesenmolekül aus dem Zellkern, gilt Wissenschaftlern als eine Art Super-Legostein – einem nämlich, der sich von selbst mit seinesgleichen zusammenbaut. Container aus dieser Substanz könnten eines Tages Viren einfangen, Medikamente an ihren Bestimmungsort schleusen oder biotechnische Marker dort freisetzen, wo sie gebraucht werden.
Die wichtigste Fähigkeit der DNA für diese Aufgabe ist allerdings, dass sie sich präzise und vorhersehbar verkleben lässt: Zwei Bausteine aus dieser Substanz können so aufgebaut werden, dass ausschließlich sie sich gegenseitig aneinanderheften. Dabei wird das Prinzip ausgenutzt, dass jede der vier Basen, aus denen ein solcher Strang besteht, nur an jeweils eine der drei anderen bindet.
Ein Puzzle, das sich selber löst
Kurze einsträngige Klebeketten können deshalb als präziser Leim dienen. Sie zweigen vom Hauptstrang ab und finden in einer anderen Kette an einem anderen Strang ihr genau passendes Gegenstück. Hierin liegt die Fähigkeit zur Selbstorganisation.
Das Zweckentfremden der Erbsubstanz begann schon Anfang der 1980er Jahre und mündete vor einiger Zeit in einer ausgereiften Falttechnik, die Blätter zu beliebigen, aber zweidimensionalen Strukturen aneinanderfügte. Bei diesem "DNA-Origami" arbeiteten Wissenschaftler mit Flächen, die aus einem einzigen, einsträngigen DNA-Molekül bestehen. Es schlängelt sich durch die Ebene wie der Schussfaden beim Weben. Aus solchen Blättern haben Forscher kürzlich die Seitenflächen einer Kiste mit Deckel geformt. Der hohle Kubus hatte sogar ein Schloss, das mit den richtigen Molekülen aufgeschlossen werden konnte.
Einen universellen Weg, dreidimensionale Strukturen zu schaffen, bietet jedoch erst die Herangehensweise, die eine Arbeitsgruppe um William Shih von der Harvard University in Cambridge jetzt vorstellte [1].
Trotz Hitech und nanokleiner Strukturen eignet sich zur Veranschaulichung ihres Verfahrens am ehesten ein solider Holzstapel. Shih und Kollegen stapelten in dieser Manier statt Scheiten DNA-Doppelhelix-Stränge auf. Die gewünschte Gestalt erzeugten sie, indem sie bestimmte Scheite verkürzten oder wegließen. Statt eines homogenen Blocks entstand dabei ein wunschgemäß geformtes Objekt in der Größe eines Virus, teils mit Hohlräumen und Taschen versehen.
Prinzip: Holzstapel
Dass der eigentliche Zusammenbau, in diesem Fall also die Stapelung, selbsttätig vonstatten ging, erreichten sie durch Verklebungen, die jeden Scheit mit seinem linken und rechten Nachbarn verbanden. Die mattenartige Struktur faltete sich wie eine Ziehharmonika auf, wobei längere Verbindungen die Lagen durchstießen und ihnen untereinander Halt gaben. Ihre Endprodukte seien damit sehr robust und würden besser für den Einsatz im harschen intrazellulären Milieu taugen als bisherige Vorschläge, meint Shih.
"Höchst innovativ", aber lange nicht ausgereift
Thomas LaBean von der Duke University in Durham bescheinigt Shihs Technik, "höchst innovativ" zu sein [2]. Hierarchisch aufgebaute Strukturen aus sich wiederholenden Untereinheiten seien in der Nanotechnologie äußerst gefragt. Und in der Tat scheint der Vorteil ihres Prinzips vor allem darin zu liegen, ein Standardverfahren anzubieten, das für eine Vielzahl dreidimensionaler Formen anwendbar ist.
Allerdings gibt LaBean zu bedenken, dass der Herstellungsprozess noch immer einige Schwächen aufweise. So dauert das Zusammensetzten der Bausteine eine ganze Woche, und trotz aller Vorsicht werde dabei sehr viel Ausschuss produziert. Unklar sei außerdem, in welcher Form sich Sonderfunktionen einbauen ließen – schließlich diene die DNA vorrangig als Gerüst für andere Nanomaterialien mit besonderen Eigenschaften. In beiderlei Sinn ein Sprung in eine neue Dimension sei die Erfindung von Shih und Kollegen trotzdem.
"caDNAno" tauften diese übrigens eine eigens entwickelte 3-D-Software, die Anwendern den Planungsprozess erleichtern soll. Wer sich also für die Konstruktion von Nanomaschinen der Zukunft interessiert, kann mit diesem Programm schon einmal loslegen: Nach Aussage der Forscher sind weder Programmierkenntnisse, noch Ahnung vom Aufbau der DNA vonnöten.
Für Nanoforscher liegen die Vorteile dieses Materials auf der Hand. Nicht nur, dass die Desoxyribonukleinsäure bestens erforscht ist, die Natur gibt den Wissenschaftlern bereits einen fertigen Werkzeugkoffer an die Hand: Spezialenzyme können beispielsweise eine vorhandene Blaupause vervielfältigen oder den Strang in Stücke zerlegen und wieder zusammensetzen. Auch gelingt es mittlerweile, aus einer vorgegebenen Abfolge der Basen den entsprechenden DNA-Strang künstlich herzustellen. Am Computer können Wissenschaftler deshalb einen Baustein regelrecht programmieren – das heißt, austüfteln, bei welcher Basensequenz sich das gewünschte Ergebnis einstellt – und sich diesen dann entweder im Reagenzglas selbst synthetisieren oder von einer Firma liefern lassen.
Die wichtigste Fähigkeit der DNA für diese Aufgabe ist allerdings, dass sie sich präzise und vorhersehbar verkleben lässt: Zwei Bausteine aus dieser Substanz können so aufgebaut werden, dass ausschließlich sie sich gegenseitig aneinanderheften. Dabei wird das Prinzip ausgenutzt, dass jede der vier Basen, aus denen ein solcher Strang besteht, nur an jeweils eine der drei anderen bindet.
Ein Puzzle, das sich selber löst
Kurze einsträngige Klebeketten können deshalb als präziser Leim dienen. Sie zweigen vom Hauptstrang ab und finden in einer anderen Kette an einem anderen Strang ihr genau passendes Gegenstück. Hierin liegt die Fähigkeit zur Selbstorganisation.
Die Einzelteile werden zusammengeworfen, das Ganze wird rasch erhitzt und dann langsam abgekühlt. Dabei finden alle Teile von alleine zueinander – oder anders ausgedrückt: Das Puzzle löst sich noch im Karton von selbst.
Das Zweckentfremden der Erbsubstanz begann schon Anfang der 1980er Jahre und mündete vor einiger Zeit in einer ausgereiften Falttechnik, die Blätter zu beliebigen, aber zweidimensionalen Strukturen aneinanderfügte. Bei diesem "DNA-Origami" arbeiteten Wissenschaftler mit Flächen, die aus einem einzigen, einsträngigen DNA-Molekül bestehen. Es schlängelt sich durch die Ebene wie der Schussfaden beim Weben. Aus solchen Blättern haben Forscher kürzlich die Seitenflächen einer Kiste mit Deckel geformt. Der hohle Kubus hatte sogar ein Schloss, das mit den richtigen Molekülen aufgeschlossen werden konnte.
Einen universellen Weg, dreidimensionale Strukturen zu schaffen, bietet jedoch erst die Herangehensweise, die eine Arbeitsgruppe um William Shih von der Harvard University in Cambridge jetzt vorstellte [1].
Auch hier gilt wieder das Grundprinzip "Selbstaufbau".
Trotz Hitech und nanokleiner Strukturen eignet sich zur Veranschaulichung ihres Verfahrens am ehesten ein solider Holzstapel. Shih und Kollegen stapelten in dieser Manier statt Scheiten DNA-Doppelhelix-Stränge auf. Die gewünschte Gestalt erzeugten sie, indem sie bestimmte Scheite verkürzten oder wegließen. Statt eines homogenen Blocks entstand dabei ein wunschgemäß geformtes Objekt in der Größe eines Virus, teils mit Hohlräumen und Taschen versehen.
Prinzip: Holzstapel
Dass der eigentliche Zusammenbau, in diesem Fall also die Stapelung, selbsttätig vonstatten ging, erreichten sie durch Verklebungen, die jeden Scheit mit seinem linken und rechten Nachbarn verbanden. Die mattenartige Struktur faltete sich wie eine Ziehharmonika auf, wobei längere Verbindungen die Lagen durchstießen und ihnen untereinander Halt gaben. Ihre Endprodukte seien damit sehr robust und würden besser für den Einsatz im harschen intrazellulären Milieu taugen als bisherige Vorschläge, meint Shih.
Einzelne Stapel können außerdem untereinander in einem Winkel aneinandergelagert werden, was den Forschern kreuzförmige Endprodukte und sogar einen Käfig bescherte, dessen 30 Kanten ebenfalls ausschließlich aus den Doppelhelixscheiten bestanden.
"Höchst innovativ", aber lange nicht ausgereift
Thomas LaBean von der Duke University in Durham bescheinigt Shihs Technik, "höchst innovativ" zu sein [2]. Hierarchisch aufgebaute Strukturen aus sich wiederholenden Untereinheiten seien in der Nanotechnologie äußerst gefragt. Und in der Tat scheint der Vorteil ihres Prinzips vor allem darin zu liegen, ein Standardverfahren anzubieten, das für eine Vielzahl dreidimensionaler Formen anwendbar ist.
Allerdings gibt LaBean zu bedenken, dass der Herstellungsprozess noch immer einige Schwächen aufweise. So dauert das Zusammensetzten der Bausteine eine ganze Woche, und trotz aller Vorsicht werde dabei sehr viel Ausschuss produziert. Unklar sei außerdem, in welcher Form sich Sonderfunktionen einbauen ließen – schließlich diene die DNA vorrangig als Gerüst für andere Nanomaterialien mit besonderen Eigenschaften. In beiderlei Sinn ein Sprung in eine neue Dimension sei die Erfindung von Shih und Kollegen trotzdem.
"caDNAno" tauften diese übrigens eine eigens entwickelte 3-D-Software, die Anwendern den Planungsprozess erleichtern soll. Wer sich also für die Konstruktion von Nanomaschinen der Zukunft interessiert, kann mit diesem Programm schon einmal loslegen: Nach Aussage der Forscher sind weder Programmierkenntnisse, noch Ahnung vom Aufbau der DNA vonnöten.
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