Ökologie: Begrenzte Kapazität
Die gute Nachricht: Selbst kleine Bäche halten eingeschwemmtes Nitrat zurück und verringern so die Gefahr von Algenblüten im Meer. Die schlechte: Der natürliche Filter versagt, wenn zu viel Nitrat im Wasser ist. Der flächendeckende Anbau beispielsweise von Pflanzen zur Energiegewinnung, warnen Forscher, könnte ihn überlasten.
Für die Landwirtschaft ein Segen, im Wasser ein Fluch: Nitrat. Als einer der wichtigsten Bestandteile von Kunstdünger ermöglichte es die Grüne Revolution, die uns heute in die Lage versetzt, über sechs Milliarden Menschen zu ernähren. Gelangt der Nährstoff in Flüsse, Seen oder Ozeane, blüht es auch dort, allerdings oft mit verheerenden Folgen. Die beim überschießenden Algenwachstum gebildete Biomasse verbraucht beim Verrotten Sauerstoff und erzeugt Todeszonen, in denen alles Leben versiegt – so zum Beispiel im Golf von Mexiko.
Einmal eingeschwemmt, wird der Nährstoff in schneller fließenden Gewässern meist rasch abtransportiert, denn die Kontaktzeit mit Sediment und Lebewesen entscheidet, wie viel aufgenommen und weiter verwertet wird. Und doch können kleine Bäche, die das aus dem Ackerboden ausgewaschene Nitrat zuerst aufnehmen, bereits beträchtliche Mengen davon abfangen – zumindest unter geeigneten Bedingungen.
Eine Computersimulation eines kompletten Gewässernetzes auf der Basis der Messdaten bestätigte diese Beobachtung: Je höher der Nitrateintrag, desto größere Mengen des Nährstoffes konnten erst in den großen Flüssen abgebaut werden – mit den bekannten Folgen von Eutrophierung und Sauerstoffmangel.
Derzeit werden für die Erzeugung von Biokraftstoffen überall auf der Welt neue Anbauflächen erschlossen. Der nötige Düngemitteleinsatz, warnen die Forscher, könne sich durch das gesamte System fortpflanzen und zusätzliches Nitrat in Küstengewässer und Ästuare transportieren – mit unabsehbaren Folgen für ohnehin schon stark geschädigte marine Ökosysteme.
Auch in der Elbe bildet sich im Sommer eine Zone extremen Sauerstoffmangels, die unter anderem auf die Nährstoffbelastung zurückzuführen ist. "Das meiste Nitrat kommt heute aus der Landwirtschaft", erklärt Thomas Gaumert von der Wassergütestelle Elbe in Hamburg. "Wir sehen das an den Nitratwerten im Flusswasser nach Starkregen. Starke Regenfälle verdünnen alle Nährstoffe, nur die Konzentration von Nitrat steigt an, weil der Regen es von den Äckern in die Flüsse spült."
Einmal eingeschwemmt, wird der Nährstoff in schneller fließenden Gewässern meist rasch abtransportiert, denn die Kontaktzeit mit Sediment und Lebewesen entscheidet, wie viel aufgenommen und weiter verwertet wird. Und doch können kleine Bäche, die das aus dem Ackerboden ausgewaschene Nitrat zuerst aufnehmen, bereits beträchtliche Mengen davon abfangen – zumindest unter geeigneten Bedingungen.
In dreijähriger Arbeit untersuchten amerikanische Forscher das Schicksal von Nitrat in 72 kleinen Bächen in acht Regionen von Nord- und Mittelamerika. Doch statt einfach die Konzentrationen des Nährstoffes im Wasser zu messen, gaben Patrick Mulholland vom Oak Ridge National Laboratory und seine Kollegen Nitrat zu, das mit dem nicht radioaktiven Isotop 15N markiert war. Diese schwere Form des Stickstoffs lässt sich mittels Massenspektrometrie in der Umwelt gut verfolgen.
Das Nitrat bleibt, zumindest in sauberen Bächen, nicht lange im Wasser: Die Forscher fanden den Marker unter anderem in Algen und Pilzen, aber auch in anderen Teilen des Ökosystems wieder. Zudem konnten sie auf diese Weise verfolgen, wie viel des Nährstoffes im von Bakterien zu elementarem Stickstoff abgebaut wird: In einem Viertel der untersuchten Gewässer zersetzten Mikroben auf diese Weise nahezu die Hälfte des vorhandenen Nitrats. Dieser Prozess der Denitrifikation läuft unter sauerstofffreien Bedingungen vor allem im Sediment ab – eine eher fremd anmutendes Szenario für munter plätschernde kleine Fließgewässer.
Diese Filterkapazität ist allerdings begrenzt. Zwar stieg der Nitratabbau bei höheren Konzentrationen an, doch je mehr Nitrat das Gewässer enthielt, desto geringer war der Anteil, der abgebaut oder im Ökosystem gespeichert wurde. Die beunruhigende Konsequenz: Steigt die Nitratbelastung in den Einzugsgebieten der Bäche weiter an, erhöht sich die Belastung der großen Flüsse überproportional. Oberhalb einer gewissen Konzentration wird der Nährstoff nur noch sehr ineffizient beseitigt und stattdessen ins Meer gespült.
Eine Computersimulation eines kompletten Gewässernetzes auf der Basis der Messdaten bestätigte diese Beobachtung: Je höher der Nitrateintrag, desto größere Mengen des Nährstoffes konnten erst in den großen Flüssen abgebaut werden – mit den bekannten Folgen von Eutrophierung und Sauerstoffmangel.
Die Ergebnisse untermalen auch, wie stark menschliche Eingriffe diese natürliche Selbstreinigungskraft der Gewässer schädigen. Begradigte und befestigte Ufer erhöhen die Fließgeschwindigkeit und beschleunigen damit den Transport flussabwärts Richtung Meer. Zahlreiche frühere Studien hatten bereits gezeigt, dass naturnahe Bäche mit strukturreichen Lebensräumen und entsprechend diversen Lebensgemeinschaften besser mit Nährstoffeinträgen zurecht kommen als zu Abwasserrinnen degradierte Kanäle.
Derzeit werden für die Erzeugung von Biokraftstoffen überall auf der Welt neue Anbauflächen erschlossen. Der nötige Düngemitteleinsatz, warnen die Forscher, könne sich durch das gesamte System fortpflanzen und zusätzliches Nitrat in Küstengewässer und Ästuare transportieren – mit unabsehbaren Folgen für ohnehin schon stark geschädigte marine Ökosysteme.
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