Behandlungserfolg: »Die Therapie hat nichts gebracht« – was heißt das?
Rund ein Fünftel aller Psychotherapien endet, ohne dass die Betroffenen eine relevante Verbesserung ihrer Symptome feststellen. Während über schädliche Nebenwirkungen von Therapien seit einiger Zeit vermehrt geforscht wird, ist wenig darüber bekannt, was bei einer erfolglosen Behandlung eigentlich passiert. Fachleute der University of Leeds haben dies genauer untersucht.
Das Team um die Psychologin Bethany Carrington suchte nach bereits veröffentlichten qualitativen Studien zum Thema. In 24 Untersuchungen aus verschiedenen Ländern wurden vor allem psychisch Erkrankte zu ergebnislosen Therapien interviewt. In einigen der Studien richteten sich die Fragen stattdessen oder zusätzlich an Therapeutinnen und Therapeuten. In den insgesamt 221 Interviews fand sich eine Reihe von Gemeinsamkeiten und wiederkehrenden Themen.
So wurden von Patientenseite häufig zu große Erwartungen als Grund für das Scheitern der Therapie genannt. Auch eine negative Einstellung geriet mitunter zum Stolperstein: Die Befragten berichteten etwa, dass sie Widerstände gegenüber der Therapie verspürt hatten, es ihnen schwerfiel, sich emotional zu öffnen oder sie bestimmte Übungen einfach nicht durchführen wollten. Viele fürchteten sich davor, im Fall eines Fehlschlags negativ beurteilt zu werden. Sich nicht voll auf eine Therapie einzulassen, könne auch eine Art von Selbstschutz sein, geben Carrington und ihre Kolleginnen zu bedenken.
Fehlendes Vertrauen in den Therapeuten oder eine als distanziert empfundene Beziehung hinderte Betroffene ebenfalls daran, sich aktiv einzubringen. Andere fanden die Aufgaben, die sie im Rahmen der Therapie erhalten hatten, zu schwierig, oder konnten keinen Bezug zu ihrer Lebenssituation erkennen.
Therapeutinnen und Therapeuten berichteten nach gescheiterten Behandlungen ebenfalls über nicht ausreichendes Vertrauen und ein zu geringes Engagement von Seiten der Patienten. Manche vermuteten auch, sie hätten selbst zu große Erwartungen in Bezug auf den Behandlungserfolg gehabt, etwa weil sie die Schwierigkeiten der Betroffenen unterschätzt hätten. In einigen Fällen schien eine unerwartet starke emotionale Betroffenheit die professionelle Wirksamkeit zu behindern.
Nur selten aber bedeutete ein Nichtansprechen, dass gar keine Entwicklung stattfand. So konnten manche Erkrankten durchaus positive Tendenzen erkennen, diese gingen ihnen aber nicht weit genug, oder sie glaubten, mehr Zeit zu benötigen. Andere hingegen betonten eher negative Erfahrungen. Sie hatten etwa begonnen, schlechter über sich zu denken, oder bereuten es, in Therapie gegangen zu sein. Einige entwickelten sogar das Gefühl, ihnen sei gar nicht mehr zu helfen. In dieser Hinsicht gebe es Überschneidungen zwischen der bloßen Unwirksamkeit und negativen Therapieeffekten, so das Forscherteam.
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