Beuteltiere: Bei Kängurumüttern wird die Milch zur Plazenta
Bei den meisten Säugetieren – den Höheren Säugetieren, auch Plazentatiere oder Eutheria genannt – versorgt eine Plazenta den ungeborenen Nachwuchs. Beuteltiere hingegen haben sich bekanntermaßen auf eine ganz andere Reproduktionsstrategie verlegt, bei der der noch sehr unreife Nachwuchs früh geboren und dann im Beutel weiter genährt und ausgetragen wird. Laut einer Studie von Forschern um Michael Guernsey von der Stanford University bedeutet das jedoch nicht, dass die Beuteltiere keine Plazenta mehr hätten: Vielmehr nehme diese während der Schwangerschaft zwei unterschiedliche Formen an, erläutern sie im Journal "eLife".
Die Forscher identifizierten beim Derbywallaby (Macropus eugenii) ein nur zwei Zellschichten dickes Gewebe, das während der Frühphase der Beuteltierschwangerschaft die Funktion einer Plazenta übernehme. Das geht zumindest aus der Beobachtung hervor, dass dort ähnliche Gene aktiv sind wie zu Schwangerschaftsbeginn bei den Eutheria. Anders hingegen während der Spätphase der Beuteltierschwangerschaft, für die der Fötus den Mutterleib verlässt. Nun zeige sich in den Milchdrüsen der Tiere eine Genaktivität, die sich in Teilen mit der in einer "echten" Plazenta während der späten Phase der Schwangerschaft deckt. Offenbar, so schlussfolgern die Forscher, übernehme nun die Muttermilch einige Aufgaben, die bei den meisten anderen Säugetieren von der Plazenta erfüllt werden.
Plazentas seien ohnehin besonders vielgestaltige Organe, meinen die Forscher. Dass sie sich von Tierart zu Tierart so stark unterscheiden, liegt wohl auch zum Teil in ihrer Funktion begründet. Die Plazenta muss sicherstellen, dass der Nachwuchs nicht vom Immunsystem der Mutter attackiert wird. Denn der werde von der Mutter als fremder Eindringling aufgefasst, erklärt die Koautorin der Studie Julie Baker, ebenfalls von der Stanford University, gegenüber "Nature": "Die Plazenta evolviert, versucht ständig, der Mutter auszuweichen, und bringt dabei die bizarrsten Strategien hervor" – wie eben auch die, als Muttermilch flüssige Form anzunehmen.
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