Sternentwicklung: Beim Data-Mining ausgegraben
Eines der größten Probleme, denen Astronomen gegenüberstehen, ist, dem Datenwust aus Beobachtungen der zahllosen Observatorien überall in der ganzen Welt Herr zu werden. Durch den Abgleich zweier Kataloge kam ein Forscherteam jetzt einer ungewöhnlichen Sternexplosion auf die Spur.
Als Bryan Gaensler 1973 in Sydney zur Welt kommt, betreiben die Astronomen der dortigen Universität ihr Radioteleskop in Molonglo bereits seit ein paar Jahren und katalogisieren Radioquellen. Gaensler absolviert Schule und Studium mit Prädikatsexamen, geht als Post-Doc zum Massachusetts Institute of Technology in die Vereinigten Staaten und wird Assistenzprofessor in Harvard. In seinen Forschungsarbeiten beschäftigt er sich mit Magnetaren und Supernova-Überresten (Supernova Remnants, SNRs).
2006 kehrt er schließlich nach Sydney zurück und wird Physikprofessor am Institute of Astronomy der dortigen Universität. Ihn treibt die Frage um, warum bisher weniger Überbleibsel von Sternexplosionen in der Milchstraße entdeckt wurden, als es nach der Theorie geben müsste. Zusammen mit seinem Doktoranden Anant Tanna durchforstet er den Molonglo-Katalog von Radioquellen und vergleicht ihn mit Datenwerken der Röntgensatelliten Asca und Rosat. Denn in diesen beiden Spektralbereichen können die Astronomen durch den Staub in der Galaxis hindurch schauen.
Und Gaensler und Tanna werden fündig: Eine der unidentifizierten Röntgenquellen zeigt sich auch im Radiobereich ungewöhnlich hell. Bereits in den 1980ern – Gaensler drückte damals die Schulbank – wurde gemutmaßt, es könne sich um den Rest einer Supernova handeln. Da die Form der strahlenden Region am Himmel jedoch zu ungewöhnlich ist, wird G350.1–0.3 in den späteren SNR-Katalogen nicht mehr aufgeführt – und gerät in Vergessenheit.
Gaensler freut sich: "Je früher wir uns so ein Objekt anschauen, desto 'frischer' sind die chemischen Elemente, die während eines derartigen Ereignisses gebildet werden. Auch die Form der Explosionswolke lässt noch Rückschlüsse auf den genauen Hergang zu. Nach 20 000 Jahren dagegen sehen alle Supernova-Überreste quasi gleich aus."
Die neue Beobachtung wirft allerdings ein neues Rätsel auf: Der Neutronenstern, der bei der Explosion entstand, steht nicht im Zentrum der Trümmerwolke, sondern mehr als fünf Lichtjahre davon entfernt. "Um dorthin zu gelangen, müsste er etwa 2000 Kilometer pro Sekunde schnell sein, das halten wir für unwahrscheinlich", so der Australier.
Was für alternative Szenarien kommen infrage? Der ursprünglich symmetrische Feuerball konnte sich vielleicht nicht in alle Richtungen ungehindert ausbreiten, sondern prallte im Osten auf dichte Staub- und Gaswolken. Diese Kollision heizte die Materie dort zusätzlich auf und trägt zur erhöhten Leuchtkraft bei. "Für dieses Szenario spricht auch die Tatsache, dass sich geringe Emission auch ein ganzes Stück abseits der hellsten Stelle findet", schließt Gaensler.
Um Gewissheit zu erlangen wollen die Astronomen die räumliche Verteilung und das Spektrum von G350.1–0.3 mit den Röntgensatelliten Chandra und XMM-Newton sowie mit Radioteleskopen genauer unter die Lupe nehmen. Und weiter in den alten Katalogbeständen graben, ob es dort noch mehr zu entdecken gibt.
2006 kehrt er schließlich nach Sydney zurück und wird Physikprofessor am Institute of Astronomy der dortigen Universität. Ihn treibt die Frage um, warum bisher weniger Überbleibsel von Sternexplosionen in der Milchstraße entdeckt wurden, als es nach der Theorie geben müsste. Zusammen mit seinem Doktoranden Anant Tanna durchforstet er den Molonglo-Katalog von Radioquellen und vergleicht ihn mit Datenwerken der Röntgensatelliten Asca und Rosat. Denn in diesen beiden Spektralbereichen können die Astronomen durch den Staub in der Galaxis hindurch schauen.
Und Gaensler und Tanna werden fündig: Eine der unidentifizierten Röntgenquellen zeigt sich auch im Radiobereich ungewöhnlich hell. Bereits in den 1980ern – Gaensler drückte damals die Schulbank – wurde gemutmaßt, es könne sich um den Rest einer Supernova handeln. Da die Form der strahlenden Region am Himmel jedoch zu ungewöhnlich ist, wird G350.1–0.3 in den späteren SNR-Katalogen nicht mehr aufgeführt – und gerät in Vergessenheit.
"Nach 20 000 Jahren sehen alle Supernova-Überreste quasi gleich aus"
(Bryan Gaensler)
Zu Unrecht, wie Gaensler argwöhnt. Er beantragt Beobachtungszeit mit dem europäischen Röntgensatelliten XMM-Newton und sein Verdacht bestätigt sich: Das Strahlungsspektrum ist eindeutig das des Überbleibsels einer Sternexplosion. Noch dazu: Es ist mit einem Alter von knapp tausend Jahren eines der jüngsten der Milchstraße – und eines der hellsten. (Bryan Gaensler)
Gaensler freut sich: "Je früher wir uns so ein Objekt anschauen, desto 'frischer' sind die chemischen Elemente, die während eines derartigen Ereignisses gebildet werden. Auch die Form der Explosionswolke lässt noch Rückschlüsse auf den genauen Hergang zu. Nach 20 000 Jahren dagegen sehen alle Supernova-Überreste quasi gleich aus."
Die neue Beobachtung wirft allerdings ein neues Rätsel auf: Der Neutronenstern, der bei der Explosion entstand, steht nicht im Zentrum der Trümmerwolke, sondern mehr als fünf Lichtjahre davon entfernt. "Um dorthin zu gelangen, müsste er etwa 2000 Kilometer pro Sekunde schnell sein, das halten wir für unwahrscheinlich", so der Australier.
Was für alternative Szenarien kommen infrage? Der ursprünglich symmetrische Feuerball konnte sich vielleicht nicht in alle Richtungen ungehindert ausbreiten, sondern prallte im Osten auf dichte Staub- und Gaswolken. Diese Kollision heizte die Materie dort zusätzlich auf und trägt zur erhöhten Leuchtkraft bei. "Für dieses Szenario spricht auch die Tatsache, dass sich geringe Emission auch ein ganzes Stück abseits der hellsten Stelle findet", schließt Gaensler.
Um Gewissheit zu erlangen wollen die Astronomen die räumliche Verteilung und das Spektrum von G350.1–0.3 mit den Röntgensatelliten Chandra und XMM-Newton sowie mit Radioteleskopen genauer unter die Lupe nehmen. Und weiter in den alten Katalogbeständen graben, ob es dort noch mehr zu entdecken gibt.
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