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Bemannte US-Raumfahrt: Orion ist tot - es lebe Orion

Raumkapsel Orion
Raumkapsel Orion | Ein erster Prototyp der Raumkapsel Orion, nun als "Multi-Purpose Crew Vehicle" bezeichnet, wird beim Hersteller Lockheed-Martin in Colorado montiert.
Mit der Beendigung des US-Raumfährenprogramms zur Jahresmitte wird die Raumfahrtbehörde NASA ohne ein Raumfahrzeug für den Flug ihrer Astronauten zur Internationalen Raumstation dastehen. Für einige Jahre muss die NASA teure Mitfluggelegenheiten an Bord russischer Sojus-Raumkapseln einkaufen. Derzeit ermuntert die Raumfahrtbehörde die US-Raumfahrtindustrie mit Fördergeldern dazu, neue Raumkapseln für die Vereinigten Staaten zu entwickeln, die sich auch bemannt nutzen lassen. Am weitesten gediehen in der Entwicklung ist die Dragon-Raumkapsel der Firma SpaceX, die bereits erfolgreich einen unbemannten Testflug absolvierte, wir berichteten.

Doch diesen Entwicklungen scheint die NASA nicht gänzlich zu trauen und fährt daher lieber zweigleisig. Sie entwickelt zusammen mit dem etablierten Luft- und Raumfahrtkonzern Lockheed-Martin eine eigene bemannte Raumkapsel. Sie war ursprünglich Teil des vom US-Präsidenten George W. Bush im Jahr 2006 initiierten Raumfahrtprogramms "Constellation", das bemannte Flüge in die Erdumlaufbahn sowie zum Mond und Mars vorsah. Es war als unmittelbarer Nachfolger des Spaceshuttle-Programms gedacht, wurde aber wegen der immer höher steigenden Kosten als unfinanzierbar vom nachfolgenden US-Präsidenten Barack Obama Anfang 2010 abgebrochen. Immerhin waren bis dahin schon rund fünf Milliarden US-Dollar in die Entwicklung des Programms geflossen.

Allerdings war der Abbruch nicht total, die Entwicklung und Erprobung der für die Constellation-Raumflüge geplanten Raumkapsel Orion lief auf niedrigem Niveau weiter, und der Hersteller Lockheed-Martin erhielt weiterhin finanzielle Mittel. Nun wird Orion ganz offiziell unter der neuen, wenig fantasievollen Bezeichnung Multi-Purpose Crew Vehicle (MPCV), zu deutsch "Bemanntes Vielzweck-Raumfahrzeug" als ein Nachfolger der US-Raumfähren präsentiert. Laut den Vorstellungen der NASA und des Herstellers soll das MPCV bereits im Jahr 2016 erste Erprobungsflüge in niedrigen Erdumlaufbahnen durchführen.

Das "Multi-Purpose Crew Vehicle" | Das aus der Orion-Raumkapsel hervorgegangene "Multi-Purpose Crew Vehicle" (MPCV) soll neben Flügen in die niedrige Erdumlaufbahn auch zu weiter entfernten Zielen im All aufbrechen. Hier ist es über der Oberfläche des roten Planeten Mars zu sehen. Wird es jemals dazu kommen?
Das MPCV alias Orion ist eine klassische kegelförmige Raumkapsel ähnlich jenen des Apollo-Mondflugprogramms aus den 1960er Jahren und ähnelt dieser auch hinsichtlich ihrer Masse und ihres Volumens. Das MPCV soll mit dem zugehörigen Service Module für Antrieb, Strom und Lebenserhaltung rund 23 Tonnen wiegen. Es bietet bis zu vier Astronauten an Bord ein nutzbares Volumen von 8,8 Kubikmetern. Die Raumkapsel ist für eine Flugdauer von bis zu drei Wochen ausgelegt, daher verwendet sie zur Stromversorgung Solarzellen, um die Bordbatterien zu entlasten.

Starten wird das MPCV an Bord einer noch zu entwickelnden Trägerrakete. Diese wird möglicherweise eine Modifikation der bereits vorhandenen unbemannten Trägerraketen der Typen Delta-IV oder Atlas-V sein. In den späten 2020er Jahren soll das MPCV zu einem Rendezvous zu einem kleinen erdnahen Asteroiden fliegen, so ein von US-Präsident Obama favorisierter Vorschlag.

Tilmann Althaus
  • Quellen
NASA, 27. Mai 2011

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