Beobachtungstipps im September: Planetenparade ohne Mars
Merkur erreicht am 6. September seine untere Konjunktion. Am 22. steht er bereits in größter westlicher Elongation, die mit einem Winkelabstand von 17,9 Grad zur Sonne sehr klein ausfällt. Die bei den inneren Planeten gültige Regel »Elongation ist nicht alles« wird bestätigt: Dank der morgens steil aufragenden Ekliptik und Merkurs nördlicher Position ergibt sich trotz geringster maximaler Elongation die beste Morgensichtbarkeit des Jahres. Etwa ab der Monatsmitte erscheint der flinke Planet in der Morgendämmerung; seine beste Sichtbarkeit erreicht er etwa zur größten Elongation: Am 22. steht Merkur um 06:33 Uhr MESZ, dem Beginn der bürgerlichen Dämmerung (Sonnenstand –6 Grad), rund zehn Grad hoch genau in Richtung Osten. Auch wenn diese Horizonthöhe danach wieder stetig abnimmt, zieht sich die Sichtbarkeitsperiode bis zum Ende der ersten Oktoberwoche. Ein weiterer Effekt hilft dabei: Auf Merkurs Weg von der unteren zur oberen Konjunktion am 20. Oktober wendet er uns zunehmend seine beleuchtete Seite zu. Aus diesem Grund springt die scheinbare Helligkeit des Planeten vom 15. auf den 22. September von +1,4 auf –0,3 mag, also um fast zwei Größenklassen innerhalb einer Woche. Vom 22. September bis zum 8. Oktober, in etwas mehr als zwei Wochen, wächst diese Helligkeit um weitere 0,9 mag auf –1,2 mag. Elongation ist nicht alles …
Die Venus verbringt den größten Teil des Monats im Sternbild Krebs und ist damit strahlender Morgenstern. Mit bis zu –4,5 mag ist sie unübersehbar, zumal sie zur Monatsmitte gut drei Stunden vor der Sonne aufgeht und bei Beginn der bürgerlichen Dämmerung, also gegen 06:30 Uhr, mehr als 25 Grad hoch steht. Sie bewegt sich von ihrer unteren Konjunktion im August zur größten westlichen Elongation, die sie am 24. Oktober erreichen wird. Das erkennt man auch im Teleskop: Das Venusscheibchen schrumpft und zeigt sich gleichzeitig immer mehr beleuchtet. Am 1. September erscheint es noch knapp 50 Bogensekunden groß und als schmale Sichel mit elf Prozent Beleuchtungsgrad. Dieser nimmt zum Monatsende mit 36 Prozent zu, doch die Venus durchmisst dann nur noch 32 Bogensekunden. Zu verfolgen, wie sich das Venusscheibchen verändert, ist eine lehrreiche Übung für Teleskopbeobachter, welche die frühe Morgenstunde nicht scheuen. Das grelle Licht des Planeten dämpft man dabei am besten mit einem Graufilter oder einem verstellbaren Polfilter. Der abnehmende Mond passiert Venus vom 11. auf den 12. September nördlich.
Mars nähert sich seiner Konjunktion mit der Sonne im November und ist weiterhin unbeobachtbar.
Jupiter kommt am 4. September im Sternbild Widder zum Stillstand: Der –2,8 mag helle Riesenplanet kehrt – natürlich nur aus der Perspektive der Erde – seine Bewegungsrichtung um und kreuzt nun für einige Wochen rückläufig über das Firmament – von Ost nach West. Er wird fast die ganze Nacht über sichtbar sein. Am Monatsersten geht Jupiter um 22:13 Uhr MESZ auf, am 30. September schon zwei Stunden früher. Er kulminiert Ende des Monats in 55 Grad Höhe gegen 03:30 Uhr und ist bei Beginn der Dämmerung bereits im Südwesten zu finden. Bis zur Opposition dauert es noch bis zum 3. November. Im Teleskop erscheint Jupiter etwa 47 Bogensekunden groß; zahlreiche Wolkenbänder, Flecken und natürlich seine großen Monde bieten reichlich Beobachtungsstoff. Der Mond passiert Jupiter vom 4. auf den 5. September nördlich.
Saturn stand Ende August in Opposition und ist im September praktisch die gesamte Nacht über im Sternbild Wassermann zu sehen. Der 0,5 mag helle Ringplanet erreicht am 1. September gegen 01:00 Uhr MESZ seinen höchsten Stand, zum Ende des Monats bereits um 23:00 Uhr. Leider reicht es von der Mitte Deutschlands aus gesehen in diesem Jahr nur für Horizonthöhen von weniger als 28 Grad. Ruhige Luft ist für eine erfolgreiche Teleskopbeobachtung Voraussetzung. Im Fernrohr erscheint Saturn 18 Bogensekunden, mit Ringen 43 Bogensekunden groß. Das Ringsystem ist zu etwa 8,5 Grad geöffnet. Der Mond passiert Saturn vom 26. auf den 27. September südlich.
Uranus wandert rückläufig, also westwärts, durch das Sternbild Widder. Er nähert sich seiner Opposition, die er am 13. November erreichen wird – übrigens im Gleichtakt mit Jupiter, der zehn Tage früher der Sonne gegenüberstehen wird. Tatsächlich hilft der Riesenplanet ein wenig beim Auffinden des 5,7 mag hellen Uranus: Jupiter steht etwa acht Grad westlich, wobei sein Abstand sich wegen seiner schnelleren Bewegung im Monatslauf vergrößert. Acht Grad ist etwas zu viel, um direkt nützlich zu sein, doch kann man sich zum Uranus herantasten, wenn man zusätzlich die Plejaden zu Hilfe nimmt: Uranus steht etwa auf der Mitte der Verbindungslinie von Jupiter zu dem Sternhaufen, anderthalb Grad nach Süden versetzt. Wie Jupiter ist Uranus fast die gesamte Nacht zu sehen. Im Teleskop erscheint er als 3,7 Bogensekunden großes, blassgrünes Scheibchen.
Neptun steht am 19. September im Sternbild Fische in Opposition. Er ist die gesamte Nacht zu sehen, wird aber nicht heller als 7,8 mag. Damit ist Neptun bloß im Fernglas und Teleskop zu erkennen. Am Oppositionstag stolze 4,3 Milliarden Kilometer (fast 29 Astronomische Einheiten) entfernt, erscheint der fast 50 000 Kilometer große Planet am Himmel als nur 2,4 Bogensekunden kleines, bläuliches Scheibchen. In dessen unmittelbarer Umgebung findet man ein 13,4 mag helles Sternchen: seinen hellsten Mond Triton. Triton ist schon in mittleren Amateurteleskopen gut zu sehen. Man findet ihn stets zwischen etwa 10 und 16 Bogensekunden neben dem Planeten. Die Herausforderung ist, Neptun selbst aufzufinden. Eine gute Sternkarte ist unverzichtbar: Neptun steht nah am 5,5 mag hellen Sterns 20 Piscium: Um den 12. September kommt er ihm weniger als fünf Bogensekunden nahe. 20 Piscium ist mit bloßem Auge aber selbst nur bei dunklem Himmel zu sehen.
- Kurz erklärtWas ist eine Bogenminute? Wann spricht man von einer Konjunktion? Und wie gibt man die Helligkeit von Sternen an? Ein kleiner Überblick über die wichtigsten astronomischen Begriffe.
- BogenminuteDie Bogenminute ist eine Einheit, um die Größe von Winkeln im Gradmaß anzugeben. Ein Winkelgrad hat 60 Bogenminuten und die Bogenminute 60 Bogensekunden. Entsprechend ergeben 3600 Bogensekunden genau ein Grad.
- EkliptikDie scheinbare jährliche Bahn der Sonne am Himmel. Sie ist der Schnitt der Erdbahnebene, der so genannten Ekliptikebene, mit der Himmelssphäre. Die Ekliptikebene ist gegen die Äquatorebene, den Schnitt des Erdäquators mit der Himmelssphäre, um 23,5 Grad geneigt.
- ElongationWinkelabstand zwischen der Sonne und einem Planeten oder dem Mond. Befindet sich ein Planet in östlicher Elongation, geht er abends nach der Sonne unter, bei westlicher Elongation geht er morgens vor der Sonne auf. Eine Elongation von 0 Grad heißt Konjunktion und von 180 Grad Opposition.
- Helligkeit (mag)Historisch bedingt unterschied man die Helligkeiten zunächst in sechs Größenklassen. Der erste Detektor war das menschliche Auge, das für astronomische Beobachtungen sicherlich nicht voll ausgereift ist. Die hellsten Sterne definierte man als Sterne 1. Größe (1 mag), die lichtschwächsten, gerade noch mit dem Auge sichtbaren als Sterne 6. Größe (6 mag).
- KonjunktionGleichschein, Stellung eines Planeten, bei der die Sonne in der Verbindungslinie Erde–Planet steht. Bei den Planeten Merkur und Venus kommt es zu einer oberen Konjunktion, wenn die Sonne zwischen der Erde und dem Planeten steht, und zu einer unteren Konjunktion¸ wenn der Planet zwischen Erde und Sonne steht.
- KulminationDurchgang eines Gestirns durch den Meridian. Man unterscheidet zwischen der oberen Kulmination (größte Höhe über dem Horizont) und der unteren Kulmination (größte Höhe unter dem Horizont). Nur bei den Zirkumpolarsternen befinden sich oberer und unterer Kulminationspunkt über dem Horizont.
- MeridianMittagskreis, im horizontalen Koordinatensystem der Großkreis an der Himmelssphäre, der sowohl durch Zenit und Nadir als auch durch die beiden Himmelspole verläuft und den Horizont im Süd- und im Nordpunkt schneidet.
- OppositionGegenschein, Winkelstellung zweier Planeten zueinander oder auch zu Sonne und Mond, bei der sich die ekliptikale Länge der beiden Gestirne um 180 Grad unterscheidet. Am häufigsten für den Fall gebraucht, dass Sonne–Erde und einer der äußeren Planeten auf einer Linie liegen.
- SeeingDas durch die Luftunruhe der Atmosphäre hervorgerufene Flackern der Sterne.
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