News: Berliner Forscher helfen Europas letzten Wildrindern
Entstehung und Verlauf der Erkrankung waren bislang ungeklärt. Sowohl die Frage nach dem Erreger als auch nach dem Übertragungsweg blieb trotz langjähriger Bemühungen offen. Charakteristisch für das Krankheitsbild sind Veränderungen im Bereich der Vorhaut (Präputium) und des Penis mit Verklebungen der Pinselhaare, eitrigen Entzündungen und tiefgreifenden Nekrosen (Absterben des Gewebes). Da die erkrankten Bullen für die Vermehrung ausfallen und somit das genetische Spektrum der auf nur 7 reinblütige Tiere zurückgehenden Herde noch weiter eingeengt wird, muß von Bestandsgefährdung einer bedrohten Tierart ausgegangen werden.
Wie am 17. April 1998 vom Forschungsverbund Berlin e.V. mitgeteilt wurde, ist es einem interdisziplinären Forscherteam im Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) nach gut einjähriger Arbeit gelungen, dem rätselhaften Krankheitsgeschehen am größten europäischen Säugetier auf die Spur zu kommen. Eindeutig konnten Alpha-Herpesviren als Verursacher der Primärinfektion nachgewiesen werden, die dann durch bakterielle Entzündungen überlagert wird und zum Absterben des Gewebes im Genitalbereich der Bullen führt. Dafür spricht die erstmals gelungene Anzucht eines zytopathogenen Virus aus der Milz von einem 1997 erlegten Wisent sowie die von Forschungsgruppenleiter Dr. Kai Frölich gezeigte elektronenmikroskopische Aufnahme mit Herpesvirus-Partikeln. Die Aufschlüsselung der Virus-DNA durch Sequenzierung belegte, daß es sich um ein Alpha-Herpesvirus (BHV-1) handelt. Der Nachweis gelang durch das Zusammenwirken von Mikrobiolgen, Pathologen, Immunolgen, Elektronenmikroskopikern und Reproduktionsbiologen des IZW.
Das IZW-Team arbeitet eng mit Spezialisten der Polnischen Akademie der Wissenschaften und der Freien Universität Berlin zusammen. Nachdem der Verursacher gefunden ist, konzentrieren sich die Anstrengungen darauf, die Gefahr der Übertragung durch Hausrinder zu erforschen (mit Spezialisten der Tierklinik für Fortpflanzung der Freien Universität Berlin) und eine medizinische Abwehrstrategie zu entwickeln.
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