Neues vom James-Webb-Teleskop: Ein schlafender Riese im jungen Universum
Jede Galaxie beherbergt mindestens ein massereiches Schwarzes Loch mit Millionen bis Milliarden Sonnenmassen. Über Jahrmilliarden sind sie von anfangs geringer Masse zu diesen Giganten herangewachsen – so die herrschende Lehrmeinung. Mit dem James-Webb-Weltraumteleskop (JWST) hat das Team um Ignas Juodzbalis eine überraschende Entdeckung im Fachjournal »Nature« veröffentlicht, die unser Verständnis vom Wachstum Schwarzer Löcher auf den Kopf stellt. In einer Epoche von nur etwa 820 Millionen Jahre nach dem Urknall befindet sich eine Galaxie, die ein zentrales Schwarzes Loch von 400 Millionen Sonnenmassen aufweist. Eine so hohe Masse in einer so frühen kosmischen Epoche fordert gängige Vorstellungen über das Wachstum Schwarzer Löcher heraus.
Im Weltall wimmelt es von extrem masserreichen Schwarzen Löchern. Entweder hungern sie, oder sie schlafen, wie im Zentrum der Milchstraße. Oder aber sie sind aktiv und verspeisen in kurzer Zeit große Mengen von Materie, so dass sie über große Entfernungen zum Beispiel als leuchtkräftige Quasare in Erscheinung treten.
Mit 4,2 Millionen Sonnenmassen ist das zentrale Schwarze Loch in unserer Galaxis eher schmächtig, wenn man es mit dem im Dezember 2024 aufgespürten, 100-fach massereicheren Schwerkraftgiganten vergleicht. Der Name der mit dem JWST beobachteten Galaxie lautet GN-1001830, und sie weist eine kosmologische Rotverschiebung von z = 6,68 auf. Je größer der z-Wert ist, desto weiter ist das Objekt von der Erde entfernt. Damit einher geht eine Verschiebung der Wellenlänge der von der Galaxie abgegebenen Strahlung. So leuchtet Wasserstoffgas vor Ort im Ultravioletten, doch infolge der enormen Distanz der Galaxie beobachten Astronominnen und Astronomen sie auf der Erde mit dem JWST im Infraroten.
Im Rahmen der Beobachtungskampagne JADES wurde mit dem Observatorium eine Spektrallinie von Wasserstoff untersucht, die uns von der fernen Galaxie erreicht. Diese Strahlung kommt aus der unmittelbaren Umgebung des zentralen Schwarzen Lochs, wo die Materie in das Schwerkraftmonster einstürzt. Die Emissionslinie kann genutzt werden, um die Masse des Schwarzen Lochs zu ermitteln.
Die Leuchtkraft von GN-1001830 ist eher gering. Es ist kein leuchtkräftiger Galaxienkern wie ein Quasar, sondern vielmehr eine leuchtschwache Form. Das liegt daran, dass das Schwarze Loch in dieser Quelle kaum gefüttert wird.
Die Forschenden vermuten, dass es viele solcher extrem massereichen, aber schlafenden Schwarzen Löcher im frühen Universum gibt. Auf kürzere Episoden heftigen Materieverschlingens folgen lange Ruhepausen, in denen die Schwarzen Löcher sozusagen schlafen. Weitere Beobachtungen sollen diese Hypothese untermauern.
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