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News: Besser schlafen dank Chaostheorie

Es kommt selten vor, dass medizinische Erkenntnisse in einer physikalischen Fachzeitschrift veröffentlicht werden, aber die Ergebnisse von einem Team Marburger und Gießener Forscher könnten die Schlafforschung bedeutend vereinfachen. Eine Aufzeichnung allein der Herzströme - das EKG - reicht demnach aus, um die Traumphasen vom übrigen Schlaf abzugrenzen. Bisher mussten Wissenschaftler zu diesem Zweck in speziellen Schlaflabors einen immensen diagnostischen Aufwand treiben. Zur Analyse verwenden die Autoren Methoden aus der nichtlinearen Dynamik, die populär als Chaostheorie bekannt geworden ist.
Aus der Medizin ist schon lange bekannt, dass das Herz nicht wie ein Metronom völlig gleichmäßig schlägt. Gerade ein gesundes Herz zeichnet sich durch eine leicht "chaotische" Abfolge der Herzschläge aus. Der Abstand zwischen zwei Schlägen hängt dabei in komplizierter Weise davon ab, wann zuvor das Herz zum letzten Mal geschlagen hat. Das führt zu dem Phänomen, dass ein langreichweitiges "Gedächtnis" den Herzschlag bestimmt, das sich durch ein Potenzgesetz beschreiben lässt und – so die bisherige Meinung – Tag und Nacht gleichermaßen wirkt. Das "Chaos" im Herzschlag ist allerdings durch ein einigermaßen regelmäßiges Grundmuster und eine schwache kurzfristige Prägung von der Atmung begrenzt.

Der Nachtschlaf besteht aus Zyklen von jeweils ein bis zwei Stunden Dauer. Jeder Zyklus beginnt mit einer Phase leichten Schlafs, gefolgt von Tiefschlaf und einer so genannten REM-Phase. Die Abkürzung steht für rapid eye movement und weist auf die heftigen Augenbewegungen hin, die beim Träumen entstehen. Tiefschlaf scheint für die körperliche Erholung nötig zu sein, während REM-Schlaf den Geist regeneriert. Im Marburger Schlaflabor wird intensiv das Krankheitsbild der Schlafapnoe untersucht, bei dem es nachts zu lang andauernden Atemstillständen kommt. Die Forschungsarbeit wurde in der Hoffnung begonnen, im EKG Unterschiede zwischen Apnoikern und Gesunden zu finden, so wie man auch Menschen mit Herzkrankheiten anhand ihres Herzrhythmus von Gesunden unterscheiden kann. An der Untersuchung waren neben Thomas Penzel und Jörg-Hermann Peter vom Schlafmedizinischen Labor auch Karlheinz Voigt vom Institut für Normale und Pathologische Physiologie der Universität Marburg, Armin Bunde und Jan W. Kantelhardt vom Institut für Theoretische Physik der Universität Gießen und Shlomo Havlin von der Bar-Ilan Universität in Ramat-Gan, Israel, beteiligt.

Tatsächlich ergaben sich hier keine Unterschiede, dafür aber ein völlig unerwartetes und sehr interessantes Ergebnis, das im Widerspruch zur Lehrbuchmeinung steht: Nur während der REM-Phasen bestimmt das langreichweitige "Gedächtnis" den Herzschlag, das sich mit einem Potenzgesetz beschreiben lässt und das auch die Wachphasen charakterisiert. Während der übrigen Schlafphasen folgt der Herzschlag einem eher "zufälligen" Rhythmus, wenn man einmal von einer kurzfristigen Prägung durch die Atmung absieht. Die Forschungsergebnisse wurden zur Veröffentlichung in einer der kommenden Ausgaben der Physical Review Letters angenommen.

Die 24-Stunden-Registrierung eines EKGs ist in der Medizin eine wohl etablierte Technik. Mit diesen Ergebnissen müsste es möglich sein, ein Gerät zu bauen, das nur anhand des EKGs REM- und Nicht-REM-Phasen voneinander unterscheidet. Bisher musste dazu in einem Schlaflabor ein erheblicher diagnostischer Aufwand getrieben werden. Wenn sich das EKG auch nicht zur Diagnose von Schlafapnoe eignet, so zeichnen sich doch andere viel versprechende Anwendungen ab: So könnte zum Beispiel ein Anästhesist mit Hilfe des EKGs die Ein- und Ausleitung einer Narkose überwachen. Umgekehrt kann man im EKG mit der neuen Methode auch deutlich erkennen, wann sich der Schläfer hin- und herwälzt. So ließe sich ein Maß dafür gewinnen, wie unruhig der Schlaf war.

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