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News: Beton nach Art der Römer

Seit Hunderten von Jahren gilt das Colosseum in Rom als Markstein einer vergangenen Epoche. Zufahrtstraßen aus Zement, die erst vor einigen Jahren gebaut wurden, weisen jedoch bereits die ersten Risse auf. Ron Berliner, Wissenschaftler am Research Reactor Center der University of Missouri-Columbia, ist fest entschlossen herauszufinden, warum dies so ist.
„Die Menschen stellen schon seit langer Zeit Zement her, aber trotzdem wissen sie sehr wenig über diesen Baustoff", sagte Berliner. „Zement ist ein Material, das bisher nur äußerst unzulänglich untersucht wurde. Sowohl physikalisch als auch chemisch ist es sehr schwer zu verstehen.“ Berliners Forschungsarbeit, die sich mit der Festigkeit und Haltbarkeit von Zement befaßt, könnte sich für die Umwelt als nützlich erweisen. Pro hergestellter Tonne Zement wird eine halbe Tonne Kohlenstoff in die Luft freigesetzt. Heute werden pro Jahr ungefähr 350 Millionen Tonnen Zement weltweit produziert. Es wird geschätzt, daß 10 Prozent der vom Menschen verursachten Treibhausgase das Ergebnis der Zementproduktion sind. Berliners Forschung könnte die Festigkeit von Zement verbessern und somit zu einem geringeren Bedarf für das Material führen.

„Wenn wir verstehen, was zur Festigkeit und Haltbarkeit von Zement beiträgt, können wir seine Herstellung so planen, daß festerer und haltbarer Beton entsteht“, sagte Berliner. „Eine neue Technologie würde es dann ermöglichen, Gebäude mit niedrigeren Kosten herzustellen, weil weniger Stahl zur Verstärkung erforderlich wäre. Wir hoffen, diese Kosten durch festeren Beton zu senken und gleichzeitig zum Umweltschutz beizutragen. Die Verwendung von geringeren Mengen Zement bedeutet, daß weniger Zement hergestellt werden muß und dadurch weniger Kohlenstoff in die Atmosphäre gelangt.“

Das erklärte Ziel von Berliners Forschung ist es, zu lernen, wie man den Verlauf der chemischen Reaktionen beim Abbinden des Betons überwacht. Dazu setzte Berliner eine Probe des Zements Neutronen aus und beobachtete die Geschwindigkeit, mit der sich Wasser mit dem trockenen Zement verband. Derzeit haben die Wissenschaftler wenig Einfluß auf den Aushärtungsprozeß des Zements.

„Die Römer mischten Ochsenblut in den Zement, damit er schneller hart wird“, sagte Berliner. „Das Hämoglobin im Blut macht den Beton fester. Die Menschen wissen schon lange, daß eine winzige Menge Zucker verhindert, daß Zement zu schnell hart wird. Wir kennen Chemikalien, welche die Reaktion beschleunigen oder verlangsamen, aber unser Verständnis dafür, warum und wie die Chemikalien wirklich arbeiten, ist begrenzt.“

Berliner setzte Neutronen ein, um eine „Karte“ der Zementstruktur zu erstellen und die Geschwindigkeit der chemischen Reaktionen zu untersuchen. Die Art, wie Neutronen von einer Zementprobe gestreut werden, liefert Informationen über die atomare Struktur des Zements. Darüber hinaus gelten Neutronen, die an Energie zu- oder abnehmen, wenn sie gestreut werden, als Indikator für den Verlauf der Zementhärtungsreaktionen. Diese Methode hilft den Forschern, die Struktur von Zement zu verstehen und festzustellen, was in unterschiedlichen Stadien während der Härtungsreaktionen geschieht.

„Mischt man Zement mit Wasser, beginnt die Härtungsreaktion sofort, aber um jedes Korn bildet sich eine Art Betonkruste, und es dauert eine Weile, bis das restliche Wasser das Innere des Zements erreicht“ sagte Berliner. „Nach 24 Stunden hat der Beton ungefähr 75 Prozent seiner Festigkeit erreicht, aber in Wirklichkeit hört die chemische Reaktion nie auf. Sie wird nur immer langsamer.“

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