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News: Betriebsamkeit der Gene unter der Lupe

Die Entzifferung des menschlichen Genoms war ein großer Schritt das Geheimnis unseres Erbguts zu lüften. Doch solange die Gene nicht identifiziert sind und ihre Funktionsweise ungeklärt ist, können wir mit dem genetischen Code wenig anfangen. Wissenschaftler ist es nun erstmals gelungen mittels Genexpressionsanalyse die Aktivität eines kompletten Genoms - das von Taufliegen - zu beobachten.
Gene steuern unser Leben: Sie sind Bauplan und Betriebsanweisung eines jeden Individuums. Sie bestimmen nicht nur unser Aussehen, Verhalten und Intelligenz, sondern auch Krankheiten sind in den winzigen Speichereinheiten festgeschrieben. Seit einiger Zeit ist nun das menschliche Genom entziffert, doch leider sagen die Milliarden Buchstaben der DNA-Sequenzen nichts darüber aus, was all die einzelnen Gene eigentlich tun und wie sie funktionieren. Ist jedoch der genetische Code erst einmal entschlüsselt, so hoffen Mediziner, können heute noch unheilbare Krankheiten wie Krebs, Alzheimer oder Parkinson erfolgreich behandelt oder sogar vermieden werden.

Es ist bekannt, dass an jedem biologischen Prozess eine Vielzahl von Genen beteiligt ist. Aber selbst mit modernen Methoden wie der DNA-Chip-Technologie oder der Serial Analysis Gene Expression (SAGE) konnten die Wissenschaftler immer nur einen Bruchteil dieser Genaktivitäten gleichzeitig beobachten. SAGE erfasst die Genexpression in RNA-Gemischen und anhand von Menschen- und Mäusezellen konnten Forscher dadurch viele Hypothesen über Gene, die in biologische Prozesse involviert sind, aufstellen. Diese Vermutungen sollten jedoch an einem Gesamtorganismus gepüft werden, und dazu muss erst einmal die Methode auf einen solchen übertragen werden.

Diese anspruchsvolle Aufgabe ist Heinrich Jaspers und seinen Kollegen vom European Molecular Biology Laboratory in Heidelberg gelungen. Sie konnten mittels SAGE die gesamte Aktivität des Genoms der Taufliege Drosophila melanogaster gleichzeitig beobachten. Die Forscher wählten diesen weit verbreiteten Modellorganismus, da dessen Genom besser als irgend ein anderes erforscht ist und viele molekulare Mechanismen der Taufliege denen des Menschen ähnlich sind.

Die Wissenschaftler stimulierten die Zellen von Drosophila melanogaster durch ein Signalmolekül, das die Bildung von Gewebestrukturen veranlasst, das so genannte JNK. Bei Fliegenembryonen bewirkt JNK, dass Hautzellen innere Strukturen ausbilden und sich untereinander zu einem geschlossenen Gewebe verbinden. Die Forscher beobachteten die Genaktivitäten zum einen anhand eines Embryonentyps mit unterbrochenem JNK-Signalweg und zum anderen an einem Embryonentyp, der auf JNK sensibilisiert war und sehr intensive Signale weiterleitete. Dabei stellten sie fest, dass während dieses Prozesses etwa 600 Gene an- oder abgeschaltet wurden – darunter das Profilin, das für ein gleichnamiges Protein codiert, welches maßgeblich am Aufbau von Gewebestrukturen beteiligt ist. Die Zelle bildet nach "Anschalten" dieses Gens Gerüstfasern (Aktine), die ihr eine bestimmte Form und die Fähigkeit, sich an seine Nachbarn zu binden, geben.

Zwischen diesem Prozess und verschiedenen biologischen Vorgängen des Menschen können einige Parallelen festgestellt werden. So tritt bei Verletzungen des Menschen ein JNK-ähnliches Signal auf, welches vermutlich die Wundheilung veranlasst. Die Forscher hoffen, dass SAGE zukünftig genutzt werden kann, um Profile von kranken und gesunden Zellen miteinander zu vergleichen, denn bei vielen Krankheiten verändern sich die Muster der Genaktivitäten. Dies könnte eine neue Diagnosemethode darstellen und eine Möglichkeit potenzielle Wirkungsziele für Medikamente zu finden.

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