News: Betriebsamkeit der Gene unter der Lupe
Es ist bekannt, dass an jedem biologischen Prozess eine Vielzahl von Genen beteiligt ist. Aber selbst mit modernen Methoden wie der DNA-Chip-Technologie oder der Serial Analysis Gene Expression (SAGE) konnten die Wissenschaftler immer nur einen Bruchteil dieser Genaktivitäten gleichzeitig beobachten. SAGE erfasst die Genexpression in RNA-Gemischen und anhand von Menschen- und Mäusezellen konnten Forscher dadurch viele Hypothesen über Gene, die in biologische Prozesse involviert sind, aufstellen. Diese Vermutungen sollten jedoch an einem Gesamtorganismus gepüft werden, und dazu muss erst einmal die Methode auf einen solchen übertragen werden.
Diese anspruchsvolle Aufgabe ist Heinrich Jaspers und seinen Kollegen vom European Molecular Biology Laboratory in Heidelberg gelungen. Sie konnten mittels SAGE die gesamte Aktivität des Genoms der Taufliege Drosophila melanogaster gleichzeitig beobachten. Die Forscher wählten diesen weit verbreiteten Modellorganismus, da dessen Genom besser als irgend ein anderes erforscht ist und viele molekulare Mechanismen der Taufliege denen des Menschen ähnlich sind.
Die Wissenschaftler stimulierten die Zellen von Drosophila melanogaster durch ein Signalmolekül, das die Bildung von Gewebestrukturen veranlasst, das so genannte JNK. Bei Fliegenembryonen bewirkt JNK, dass Hautzellen innere Strukturen ausbilden und sich untereinander zu einem geschlossenen Gewebe verbinden. Die Forscher beobachteten die Genaktivitäten zum einen anhand eines Embryonentyps mit unterbrochenem JNK-Signalweg und zum anderen an einem Embryonentyp, der auf JNK sensibilisiert war und sehr intensive Signale weiterleitete. Dabei stellten sie fest, dass während dieses Prozesses etwa 600 Gene an- oder abgeschaltet wurden – darunter das Profilin, das für ein gleichnamiges Protein codiert, welches maßgeblich am Aufbau von Gewebestrukturen beteiligt ist. Die Zelle bildet nach "Anschalten" dieses Gens Gerüstfasern (Aktine), die ihr eine bestimmte Form und die Fähigkeit, sich an seine Nachbarn zu binden, geben.
Zwischen diesem Prozess und verschiedenen biologischen Vorgängen des Menschen können einige Parallelen festgestellt werden. So tritt bei Verletzungen des Menschen ein JNK-ähnliches Signal auf, welches vermutlich die Wundheilung veranlasst. Die Forscher hoffen, dass SAGE zukünftig genutzt werden kann, um Profile von kranken und gesunden Zellen miteinander zu vergleichen, denn bei vielen Krankheiten verändern sich die Muster der Genaktivitäten. Dies könnte eine neue Diagnosemethode darstellen und eine Möglichkeit potenzielle Wirkungsziele für Medikamente zu finden.
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