Beziehung: Mit wem wir uns verbunden fühlen
Manchmal entstehen die bedeutendsten Beziehungen im Leben aus den simpelsten Gemeinsamkeiten. Zum Beispiel, wenn man auf einer Party jemanden trifft, der das T-Shirt der eigenen Lieblingsband trägt oder über die gleichen Witze lacht wie man selbst. Das Phänomen ist auch als Ähnlichkeits-Attraktivitätseffekt bekannt. Aber wie ist er zu erklären?
Charles Chu von der Boston University und Brian Lowery von der Stanford University fanden heraus, dass »selbstessenzialistisches Denken« ein entscheidender Faktor ist: Viele Menschen glauben, über einen inneren Kern zu verfügen, der sie prägt. Findet man jemanden mit gleichen Interessen, geht man automatisch von einer geteilten Weltsicht aus. Laut den Autoren ergibt sich hieraus ein Problem: Wir lehnen diejenigen ab, von denen wir glauben, dass sie nicht so sind wie wir – oft wegen Kleinigkeiten. Das Forscherduo unterzog mehr als 2000 Probanden diversen Tests. Unter anderem befragte es sie nach ihren Ansichten zu einem von fünf Themen: Abtreibung, Todesstrafe, Waffenbesitz, Tierversuche und ärztlich assistierter Suizid. Sie stellten den Freiwilligen eine fiktive Person namens Jamie vor, der ihnen in den jeweiligen Fragen entweder zustimmte oder widersprach. Anschließend sollten die Probanden ihre Haltung zu Jamie äußern. Chu und Lowery stellten fest, dass sich die Befragten bei Übereinstimmungen umso mehr mit Jamie verbunden fühlten, je mehr sie zu dieser Art des Denkens neigten.
In einem zweiten Test untersuchte das Team, ob der Effekt auch bei weniger substanziellen Themen auftritt. So bat man die Teilnehmer, die Anzahl blauer Punkte auf einem Bildschirm zu schätzen. Und auch hier: Je mehr jemand an einen wesentlichen inneren Kern seines Selbst glaubte, desto näher fühlte er sich Jamie bei ähnlicher Einschätzung der Punktemenge. Der Ähnlichkeits-Attraktivitätseffekt verschwand, wenn die Wissenschaftler die Probanden auf die Tücken des selbstessenzialistischen Denkens hinwiesen oder wenn sie bestimmte Einstellungen einer Person (wie die Vorliebe für ein bestimmtes Gemälde) als unwesentlich abtaten.
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