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Bildung: Schulnoten werden von Geschlecht, Gewicht und Herkunft beeinflusst

Wie ungerecht sind Schulnoten? Schülerinnen und Schüler in Deutschland bekommen je nach sozioökonomischen Status der Eltern, ihrer Ethnizität oder Geschlecht bessere oder schlechtere Benotungen.
mehrere Schülerinnen und Schüler in einem Klassenzimmer
Manche haben es schon, andere warten noch auf ihr Jahreszeugnis. Doch die Noten darauf spiegeln vermutlich nicht wirklich die Fähigkeiten des Schülers oder der Schülerin wider.

Schulnoten können wichtige Türöffner sein, um ein bestimmtes Studienfach wählen zu können oder einen Ausbildungsplatz zu ergattern. Doch eine groß angelegte Erhebung unter mehr als 14 000 Schülerinnen und Schülern in Deutschland zeigt nun, dass es bei der Notenvergabe nicht immer gerecht zugeht: Die Lehrkräfte lassen anscheinend Vorurteile in ihre Benotung einfließen. Das geht aus Daten der Nationalen Bildungspanelstudie hervor. Das Langzeitprojekt beobachtet seit 2008 insgesamt sieben Kohorten deutscher Schülerinnen und Schüler. Die erhobenen Daten sollen helfen, ein besseres Verständnis darüber zu gewinnen, wie Bildung im Lauf des Lebens verläuft und welche Faktoren den Bildungsweg beeinflussen.

Ein Forschungsteam der Universität Bern und der Universität Zürich konzentrierte sich für seine Analyse auf eine landesweit repräsentative Stichprobe von 14 090 Jugendlichen, die 2010 die neunte Klasse besuchten. Es verglich die von Lehrkräften erteilten Noten mit den Ergebnissen standardisierter Kompetenztests, um herauszufinden, ob einige Schülerinnen oder Schüler einen Vorteil gegenüber anderen hatten. Die Wissenschaftler untersuchten daraufhin die Auswirkungen verschiedener Faktoren: dem Geschlecht, Body-Mass-Index (BMI), sozioökonomischem Status (SES) der Eltern und dem ethnischen Hintergrund.

Eine geschlechtsspezifische Verzerrung war bei den von Lehrkräften vergebenen Noten in allen Fächern mit Ausnahme von Chemie offensichtlich. Mädchen waren in Deutsch, Mathematik und Biologie im Vorteil, während Jungen in Physik besser abschnitten. Ein höherer BMI ging in jedem Fach mit deutlich schlechterer Benotung der Lehrkräfte einher, während Jugendliche mit höherem elterlichen SES bessere Noten erhielten. Schülerinnen und Schüler, die einer ethnischen Minderheit angehören, erhielten in allen Fächern außer Biologie schlechtere Noten. Diese Benachteiligungen verstärkten sich sogar: So erhielt etwa ein Junge mit einem hohen BMI aus einem Elternhaus mit niedrigem Sozialstatus, der nicht in Deutschland geboren wurde, meist schlechtere Noten als ein Mädchen mit niedrigem BMI aus einem Elternhaus mit höherem Sozialstatus, das in Deutschland zur Welt kam – und zwar unabhängig von den tatsächlichen Fähigkeiten.

Die Ergebnisse können zwar nicht die Mechanismen hinter dieser Benachteiligung bestimmter Gruppen aufzeigen, sie deuten aber darauf hin, dass die Verzerrung bei der Benotung in Deutschland weit verbreitet ist. Die Forscher empfehlen, dass sich weitere Studien darauf konzentrieren sollten, warum bestimmte Schülerinnen und Schüler schlechtere Noten erhalten und wie solche Verzerrungen im Klassenzimmer behoben werden könnten.

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