Materialwissenschaft: Biologisch abbaubarer Sensor misst den Druck im Gehirn
Messungen des Hirndrucks sind nach einem schweren Schädel-Hirn-Trauma hilfreich, um die Behandlung des Patienten auf seinen aktuellen Gesundheitszustand abzustimmen. Damit verbunden sind aber auch Risiken: Eine Sonde, die standardmäßig im Schädel platziert wird, kann von Bakterien besiedelt werden oder eine Entzündung hervorrufen. Zudem muss die Sonde nach der Behandlung in einer weiteren Operation wieder entfernt werden. Forscher um John A. Rogers von der University of Illinois in Urbana-Champaign stellen nun einen Sensor vor, der diese Schwierigkeiten umgehen könnte: Er ermittelt Messwerte direkt im Gehirn und wird anschließend vollständig vom Körper abgebaut.
Kernstück des Sensors ist eine quadratische Vertiefung in einem Träger aus porösem Silizium, der durch eine Membran versiegelt wird. Diese besteht aus Polylactid-co-Glycolid, kurz PLGA, einer organischen Substanz, die sich von Milchsäure ableitet und bereits für biologisch resorbierbare Implantate verwendet wird. Ändert sich der Druck in der Umgebung des Sensors, verformt sich die Membran, was sich auch auf eine schlangenförmig angeordnete, nur wenige Nanometer dicke Siliziummembran überträgt. Diese wirkt als piezoresistives Element, dessen elektrischer Widerstand linear mit dem Druck zunimmt. Alle Bestandteile können durch den körpereigenen Stoffwechsel abgebaut werden.
Bei Versuchen im Reagenzglas und im Tierversuch stand der Sensor einem kommerziell erhältlichen Gerät in puncto Genauigkeit nicht nach. Eingesetzt in die Schädelhöhle von Ratten zeichnete er über einen Zeitraum von bis zu drei Tagen kontinuierlich Messwerte für Hirndruck und Temperatur auf. Auch nach acht Wochen ließen sich keine Hinweise auf Immunreaktionen oder Veränderungen des Gewebes erkennen, berichten die Forscher.
Die Lebensdauer des Geräts wird maßgeblich von Art und Dicke des Hüllmaterials bestimmt, auch der Einsatzort spielt eine Rolle. Nach Aussage der Wissenschaftler könne der Sensor entsprechend abgewandelt werden, um auch den pH-Wert oder die Strömung von Körperflüssigkeiten zu erfassen sowie in den Extremitäten oder tief im Gehirn eingesetzt zu werden. Der bedeutendste Aspekt sei aber, dass dieser Ansatz die Risiken für Patienten senken würde, meint Rogers.
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