News: Biologischer Lichtschalter
Abgesehen von diesem "Betrug" dienen die artspezifischen Blinkmuster der Leuchtkäfer ausschließlich der Partnersuche. "Leuchtkäfer sind sehr romantische Tiere", erzählt Sara Lewis von der Tufts University, "denn in ihrem ganzen erwachsenen Leben sind sie auf Brautschau." Ihr Leuchtorgan sitzt am Hinterende und besteht aus spezialisierten Zellen, den Photocyten. Sie enthalten als Leuchtstoff die Substanz Luciferin, die mit dem Enzym Luciferase einen Komplex bildet. Sobald Sauerstoff an diesem Komplex gelangt, katalysiert Luciferase die Oxidation des Luciferins, welches daraufhin grün-gelbliches Licht emittiert. Diese Biolumineszenz ist im gesamten Tierreich weit verbreitet.
Die Besonderheit der Glühwürmchen liegt jedoch nicht im Leuchten selbst, sondern im ständigen an- und ausschalten ihres Leuchtorgans, denn erst dadurch entstehen die charakteristischen kurzen Blitze, mit denen die Tiere sich verständigen. Der "Schalter", der diese Blinken steuert ist also entscheidend. Bisher war nur bekannt, dass die Glüwürmchen ihr Blinken beginnen, sobald ein Nervensignal das Leuchtorgan erreicht. Es fehlte jedoch der entscheidende Zwischenschritt.
Unter der Leitung von Barry Trimmer suchten die Wissenschaftler der Tufts University nach diesem Zwischenschritt. Sie sperrten ihre Glühwürmchen in eine Versuchskammer und begasten sie mit Sauerstoff und Stickstoffmonoxid (NO), einem hochreaktiven Gas, das viele Tiere als Signalstoff einsetzen. Es stimuliert das Enzym Guanylat-Cyclase, das wiederum die Bildung von cGMP, einem intrazellulären Botenstoff, katalysiert. So steuert NO beispielsweise auch die Peniserektion der Säugetiere. Andererseits kann NO die Atmung der "Kraftwerke" der Zellen, der Mitochondrien, blockieren.
Es bestand daher der Verdacht, dass NO auch bei den Leuchtkäfern eine Rolle spielen könnte. Und der Verdacht bestätigte sich: Die Leuchtkäfer antworteten auf die NO-Begasung mit strahlendem Licht – allerdings permanent. Das typische Blinken hatte aufgehört.
Daraufhin suchten die Forscher mit Antikörpern in ihren Leuchtkäfern nach einer NO-Produktionsstätte. Fündig wurden sie in den Photocyten – und zwar genau dort, wo der Luciferin-Luciferase-Komplex arbeitet. Unmittelbar daneben sitzen dichtgepackt Mitochondrien, welche die benötigte Energie bereitstellen.
Demnach scheint sich das Blinken der Glühwürmchen folgendermaßen abzuspielen: Normalerweise ist das Licht ausgeschaltet, denn der Sauerstoff, den der Luciferin-Luciferase-Komplex zum Leuchten benötigt, wird durch die Atmung der Mitochondrien abgefangen. Sobald jedoch ein Nervensignal das Leuchtorgan erreicht, produzieren die Photocyten NO. Das Gas diffundiert schnell zu den Mitochondrien und stoppt die mitochondriale Atmung. Dadurch kann Sauerstoff ungestört zum Luciferin-Luciferase-Komplex gelangen: Das Licht geht an.
NO hat jedoch nur eine kurze Halbwertszeit und ist daher schnell wieder verschwunden. Die Mitochondrien können wieder arbeiten und Sauerstoff verbrauchen: Das Licht geht wieder aus. Der Wechsel spielt sich dabei in einem Bruchteil einer Sekunde ab und wird so exakt gesteuert, dass ein Glühwürmchen-Männchen sicher ein Weibchen erkennen kann – oder in eine tödliche Falle tappt.
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