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Biophysik: Was lässt unsere Fingergelenke knacken?

Das Geräusch treibt manche in den Wahnsinn und lässt andere um die Gesundheit ihrer Gelenke fürchten. Das Knacken darin ist jedoch harmlos - und womöglich endgültig geklärt.
Fingerknacken

Das Geräusch treibt die einen in den Wahnsinn, während es andere mit Genuss zelebrieren: das Knacken der Fingergelenke, wenn diese gedehnt oder gestaucht werden. Was dieses Knacken auslöst, darüber wird seit mehr als einem Jahrhundert gerätselt – und schon mehrfach präsentierten Wissenschaftler eine Lösung. Zuerst hieß es, dass Blasen in der Gelenkflüssigkeit platzen und dieses Geräusch verursachen. Dann wurde mit Hilfe der Magnetresonanztomografie ins Gelenk geblickt und das Gegenteil behauptet: Das Entstehen der Gasblasen sollte demnach den Knall erzeugen, denn die Aufnahmen zeigten, dass das Gelenk auch nach dem Knacken voller Bläschen blieb. Da die Debatte also noch nicht beendet ist, machten sich Vineeth Chandran Suja und Abdul Barakat von der École Polytechnique in Palaiseau erneut auf die Suche nach einer Lösung und präsentierten sie in »Scientific Reports«.

Im Gegensatz zu vorherigen Studien untersuchten sie jedoch nicht erneut die physiologischen und biophysikalischen Vorgänge im Gelenk. Stattdessen stellten sie ein mathematisches Modell auf, um die dynamischen Vorgänge in der Gelenkflüssigkeit zu erfassen. Es umfasst drei Gleichungen, von denen die erste die Druckveränderungen im Gelenk beschreibt, wenn wir dieses knacken lassen. Der zweite Teil widmet sich den Größenveränderungen der Gasbläschen, wenn sich die Druckverhältnisse ändern. Und die dritte Gleichung verknüpft die Größenunterschiede der Blasen an sich mit den Dimensionen jener Bläschen, die Geräusche produzieren.

Wenn wir es krachen lassen, dann ziehen wir zumeist die Gelenke auseinander. Dadurch sinkt der Druck im Gelenk, was Blasenbildung in der darin befindlichen Flüssigkeit auslöst. Ihre Größen verändern sich aber während des Prozesses rasend schnell in alle Richtungen, so dass ein Geräusch dabei entsteht, das wir als Knacken wahrnehmen. Und damit verknüpfen die beiden Wissenschaftler die beiden ursprünglichen Theorien perfekt miteinander. Nur ein Teil der Blasen muss demnach platzen, um das Knacken auszulösen. Der Rest – zumeist winzige Bläschen – verbleibt in der Flüssigkeit, wie dies im Magnetresonanztomografen auch beobachtet wurde. Das Ganze haben Suja und Barakat nicht nur theoretisch ermittelt, sondern anschließend noch experimentell an drei Probanden getestet.

Das Modell erklärt zudem, warum nicht alle Menschen die Finger knacken lassen können: Bei ihnen ist der Abstand der Knochen am Gelenk zu groß. Eine Dehnung lässt den Druck in der Flüssigkeit nicht ausreichend tief sinken, damit die Blasenbildung ausgelöst wird. Ob dies die Frage für alle Zeiten beantwortet, wird sich zeigen. Eines scheint aber sicher: Keine einzige Studie bislang hat einen gesundheitsschädlichen Effekt des Fingerknackens ermitteln können.

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