Emissionsnebel: Bissiger Tarantelnebel
Spinnenbeinen gleich winden sich die spindeldürren Arme des Tarantelnebels im interstellaren Raum. Ihnen verdankt der berühmte Nebel in unserer Nachbargalaxie, der Großen Magellanschen Wolke, seinen Namen. Obwohl der Tarantelnebel 170 000 Lichtjahre von der Erde entfernt liegt, ist er am Südhimmel während einer klaren Nacht gar mit dem bloßem Auge sichtbar. Trotz der großen Entfernung erscheint der Nebel am Himmel als hellstes und größtes Sternentstehungsgebiet, das die Astronomen im lokalen Universum beobachten können. Die frisch gebildeten Sterne scheinen in intensivem ultraviolettem Licht, das Gas in der Umgebung ionisiert und zur Aussendung roten sichtbaren Lichts anregt.
Dem Weltraumteleskop Hubble gelang mit der Advanced Camera for Surveys ein farbenprächtiges Bild der ausgedehnten Gas- und Staubwolken des Tarantelnebels, in denen sich gerade Sterne bilden. In der beigestellten Nahaufnahme (obiges Bild) ist das Zentralgebiet des Nebels zu sehen, in dem ionisiertes Gas und junge Sterne hell leuchten. Schlanke Ranken aus Gas und Staub – aufgewühlt von jüngsten Supernova-Explosionen – durchziehen die Region. Zu den Überresten solcher Supernovae gehört der Nebel NGC 2060, der den hellsten bekannten Pulsar enthält und im linken oberen Viertel des Bildes leuchtet. Doch der Biss der Tarantel reicht über NGC 2060 hinaus.
Außerhalb des Gesichtsfelds der Nahaufnahme liegen rechts unterhalb von NGC 2060 die Überreste der Supernova SN 1987a. Diese Sternexplosion ereignete sich im Jahr 1987 und befindet sich so nah an der Erde wie keine andere, die sich seit der Erfindung des Fernrohrs im 17. Jahrhundert beobachten ließ. Seither richtet Hubble sein Auge regelmäßig auf diese Supernova und verfolgt die sich ausbreitende Stoßwelle. Die Sternexplosion im Tarantelnebel zeigt sich in Aufnahmen mit größerem Gesichtsfeld wie solche, die mit dem 2,2-Meter-Teleskop der Europäischen Südsternwarte gemacht werden (siehe unteres Bild).
Links oberhalb von NGC 2060 liegt das Himmelsobjekt RMC 136, ein äußerst heller Sternhaufen. Von diesen Sternen stammt ein Großteil der Strahlung, die für die Farbenvielfalt im Zentrum des Tarantelnebels verantwortlich ist. Lange hatten die Astronomen gerätselt, ob die intensive Strahlung von einem dicht gepackten Sternhaufen herrührt oder von einem unbekannten Sterntyp, einem so genannten Superstern, der tausendmal massereicher ist als die Sonne. Erst in den letzten zwanzig Jahren konnten die Astronomen mit Hilfe der hochaufgelösten Bilder von Hubble nachweisen, dass es sich tatsächlich um einen Sternhaufen handelt.
Auch wenn der Tarantelnebel wohl keinen Superstern enthält, so beherbergt er doch eine gewaltige Erscheinung: Im Sternhaufen RMC 136 liegt der schwerste je entdeckte Stern; der Stern RMC 136a1. Die Masse dieses Sterns übertrifft die Sonnenmasse gleich um das 300-Fache und wirft die von den Astronomen bisher angenommene obere Massengrenze über den Haufen.
Rahel Heule
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