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Nanotechnologie: Bitte recht winzig freundlich!

Wer nano bauen will, muss auch nano verdrahten können. Das ist nicht nur wegen der winzigen Ausmaße von Nanobauteilchen schwierig, sondern auch, weil die Physik des Kleinsten immer für eine Überraschung gut ist. Aber manchmal haben die Forscher das System blendend unter Kontrolle.
Leuchtendes Nanoröhrchen
Sie geistern seit Jahren durch die Wissenschaftspresse: die Nanoröhrchen. Immer aufregend, immer spannend, immer kurz vor dem Durchbruch in den Alltag. Doch mag sich der Baukasten an Schräubchen, Schaltern und Rädchen auch weiter füllen – im Griff haben Wissenschaftler die Welt der Millionstel Millimeter noch lange nicht. Die Nanotechnologie steckt nach wie vor in den kleinsten Kinderschuhen für erste Krabbelversuche. Noch keine Naniten machen sich auf in die Welt, es ist weiterhin Wundern und Staunen angesagt, wie anders diese Mini-Miniaturen sind und reagieren. Das ist doch auch etwas Schönes.

Wer hätte zum Beispiel gedacht, dass Nanoröhrchen Licht abstrahlen können, wenn man einen Strom hindurchschickt? Genau das beobachteten IBM-Forscher aus der Gruppe von Phaedon Avouris vor kurzem. Allerdings funktioniert der Trick nur unter ganz bestimmten Bedingungen. Zunächst einmal benötigt man ein Nanoröhrchen. Bei allernächster Betrachtung erkennt man, dass es sich dabei um Rohre mit Wänden aus Kohlenstoff handelt. Jedes Atom ist mit dreien seiner Nachbarn verbunden, sodass es aussieht, als handle es sich um winzigsten Maschendrahtzaun mit Kohlenstoffkernen in den Schnittpunkten. Ist das Nanoröhrchen etwa ein zwanzigstel Millimeter lang, lässt sich damit schon ordentlich etwas anfangen.

Leuchtendes Nanoröhrchen | Wenn sich Elektronen und Löcher in der Mitte des Nanoröhrchens treffen, rekombinieren sie und Licht wird emittiert.
Die Wissenschaftler von IBM verbinden zwei Elektroden mit dem Röhrchen. Die eine Elektrode dient später als Elektronenquelle (source) und die andere als Senke (drain). Damit aber überhaupt ein Strom fließen kann, muss noch eine dritte Elektrode hinzukommen. Sie gibt weder Elektronen ab, noch nimmt sie welche auf, sondern wie bei einem Feldeffekttransistor aus dem Elektronikhandel beeinflusst sie mit ihrer Spannung nur die Eigenschaften der leitenden Teile, also des Nanoröhrchens. Liegt Spannung auf dieser so genannten Gate-Elektrode, dann kann der Strom fließen.

Im Prinzip kann er dabei aus zwei Richtungen kommen: Zum einen können natürlich die Elektronen von der Quelle zur Senke wandern. Zum anderen können aber auch Elektronen direkt an der Senke sofort vom Nanoröhrchen hopsen und dabei ein "Loch" im Atomverband zurücklassen. Diese Lücke füllt blitzschnell ein benachbartes Elektron auf, wodurch es seinerseits ein Loch hinterlässt. Das Ganze erweckt den Eindruck, als würden "Löcher" durch das Röhrchen wandern, obwohl sich auch in diesem Fall Elektronen bewegen. Dabei diffundieren die Ladungsträger wie Nebel durch den Leiter voran. Treffen die beiden Fronten aufeinander, fallen einige der Elektronen in die Löcher, und es gibt kleine Blitze von infrarotem Licht.

Wandernde Lichtquelle | Je nach Spannung an der Gate-Elektrode verschiebt sich die Stelle auf dem Nanoröhrchen, von der Licht emittiert wird.
So viel wusste man schon im letzten Jahr. Inzwischen haben die Physiker ein wenig weiter mit den Einstellungen experimentiert und herausgefunden, wie sie den Ort der Blitze genau bestimmen können. Indem sie die Spannung an der Gate-Elektrode variieren, verschieben sie die Stelle des Zusammentreffens von Elektronen und Löchern. Mit Mikroskop und Infrarot-Kamera verfolgten sie, wie die leuchtende Stelle bei minus 40 Volt an der Senke erschien, beim Vermindern der Gate-Spannung auf 0 Volt am Röhrchen entlang zur Quelle wanderte und dort verschwand. Drehten die Forscher die Spannung wieder herunter, folgte das Leuchten von der Quelle zur Senke.

Ein schöner Effekt, der einiges über die Eigenschaften von Nanoröhrchen als elektrische Leiter verraten wird. Denn letztendlich sollen sie eines Tages doch in kleinen Apparaten ihren Dienst versehen. Aber bis es dazu kommt, müssen Wissenschaftler eben erst einmal herausfinden, wie sich ihre Bauteilchen so verhalten.

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