Evolution: Bizarre Anpassungen erfordern bizarre Bedingungen
Nahezu alle größeren Tier- und Pflanzengruppen haben Parasiten hervorgebracht – doch oft sind sie so spezialisiert auf ihren Wirt, dass ihre ursprüngliche Herkunft überhaupt nicht mehr zu erkennen ist. Noch viel schwerer als die bucklige Verwandtschaft herauszufinden ist allerdings, den evolutionären Weg zu verfolgen, den ein Parasit seither genommen hat. Das ist jetzt einem Team um den Zoologen Dieter Ebert von der Universität Basel gelungen. Sie fanden eine urtümliche Form aus der bedeutenden Parasitenfamilie der Mikrosporidien. Zu dieser Gruppe gehört auch der Erreger der Nosemose, eine Bienenkrankheit, die für das so genannte Colony Collapse Disorder mit verantwortlich gemacht wird.
Mikrosporidien sind mit den Pilzen verwandte Einzeller, die mit Hilfe einer Art Harpune in Zellen eindringen und dort leben. Sie besitzen außerdem, ungewöhnlich für Eukaryoten, keine Mitochondrien. Das allerdings gilt nicht für alle Mikrosporidien. Ebert und seine Kollegen fanden bei Wasserflöhen ein seltsames Mikrosporidium, das die meisten dieser Anpassungen noch nicht besitzt – tatsächlich sieht es eher aus wie die allerersten Formen der Pilze. Nahezu das Einzige, was die Kreatur mit den Mikrosporidien verbindet, ist ihre Harpune, mit der sie in die Wirtszellen eindringt. Die Forscher schließen daraus, dass sich die Mikrosporidien dadurch von den frühesten Pilzen abspalteten, indem sie ihre Harpune entwickelten – alle anderen Anpassungen kamen später, im Wirtsorganismus. Nach Ansicht der Forscher kann man das Ergebnis verallgemeinern: Der Parasitismus kam zuerst und zog die bizarren Veränderungen der Tiere nach sich – nicht umgekehrt.
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