Lebensgemeinschaften: Blattläuse impfen Artgenossen per Schlupfwespe
Blattläuse haben viele Feinde neben dem Gärtner – etwa die Schlupfwespe Aphidius colemani: Sie legt ihre Eier in den heranwachsenden Nachwuchs der Pflanzensaftsauger und überlässt ihn der schlüpfenden Brut, die die Beute dann gemächlich von innen auffuttert. Aber selbst Todfeinde können auch mal nützlich sein, wie Lukas Geher und Christoph Vorburger von der Universität Zürich nun berichten. Denn einigen glücklichen Blattläusen bringt der Stich der Wespen ein gesundheitsförderndes Mitbringsel.
Die Forscher hatten sich für die Bakterienflora interessiert, die im Inneren der Blattläuse gedeiht: Einige, aber längst nicht alle Individuen einer Kolonie beherbergen verschiedene nützliche endosymbiontische Keime, die ihnen zum Beispiel beim Verdauen der Nahrung helfen oder sie vor Pilzbefall schützen. Diese Keime werden von der Blattlausmutter auf ihren Nachwuchs weitergegeben und breiten sich in der Kolonie aus, wenn keimpositive Männchen Sex mit bisher nicht von den Endosymbionten infinzierten Weibchen haben. Doch das geschieht nur selten, da sich Blattläuse überhaupt nur einmal pro Jahr im Herbst sexuell betätigen und sonst parthenogenetisch vermehren.
Genanalysen und phylogenetische Studien zeigen allerdings, dass sich die Endosymbiontenflora auch außerhalb der Paarungszeit in Blattlauskolonien ausbreitet. Und ebendabei spielen Schlupfwespen eine Rolle: Wie die Versuche der Schweizer Forscher zeigen, übertragen die Parasitoide Keime aus der Hämolyphe einer zuerst gestochenen Blattlaus auf eine zweite, danach attackierte Laus. Häufig kommt der mit den Endosymbionten einhergehende positive Aspekt für die Blattläuse jedoch nicht zum Tragen, weil das frisch geimpfte Insekt ja zugleich mit dem tödlichen Schlupfwespenei infiziert wird. Überlebende Läuse sind dann allerdings in "nicht vernachlässigbarer" Häufigkeit mit den Endosymbionten frisch infiziert.
Womöglich, so die Forscher, findet dieser horizontale Transfer der Endosymbionten in der Natur auch zwischen verschiedenen Pflanzensaftsaugern statt. In Zukunft noch genauer untersucht werden soll nun der Transfer bestimmter Bakterienarten wie etwa Hamiltonella defensa, eines Keims, der den Blattläusen eine gewisse Resistenz gegen heranwachsende Schlupfwespenlarven verleiht. Doch gerade dieses Bakterium wurde in den Versuchen von Schlupfwespen fast nie von einer Laus zur nächsten weitergetragen: Womöglich, so spekulieren Geher und Vorburger, haben die Parasitoide ihrerseits Methoden entwickelt, mit denen sie verhindern, dass sie selbst die gegen sie gerichteten Keime ihrem Opfer einimpfen.
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