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Zeitwahrnehmung: Blickkontakt verändert das Zeitempfinden

Wenn sich die Blicke treffen, verlieren nicht nur Liebespaare für einen Moment das Zeitgefühl. Wie kommt das?
Ein Mann mit braunen Augen schaut in die Kamera

Ein Blickkontakt währt länger, als er sich anfühlt: Wenn Menschen einander in die Augen sehen, scheinen die Uhren für sie langsamer zu gehen. Das berichten die Schweizer Psychologen Nicolas Burra und Dirk Kerzel von der Universität Genf in der Fachzeitschrift »Cognition«.

Auf einem Bildschirm präsentierten sie ihren Versuchspersonen Gesichter im Halbprofil, die zunächst ins Leere schauten und dann die Augen Richtung Betrachter bewegten. Teils blickten sie ihm in die Augen, teils weiter an ihm vorbei. Dieser Moment währte rund 1 bis 1,5 Sekunden, dann guckten sie wieder zur Seite. Die Versuchspersonen sollten daraufhin angeben, wie kurz oder lang ihnen der Augenblick verglichen mit vorab präsentierten Beispielen vorkam.

Wenn sich die Blicke kreuzten, unterschätzten sie die Dauer eher. Der Effekt trat sogar bei einem auf den Kopf gedrehten Gesicht sowie bei einem Augenpaar ohne Gesicht auf. Es lag aber nicht allein am Blickkontakt, wie die Forscher in mehreren Versuchsvarianten zeigten: Er musste mit einer Augenbewegung verbunden sein, ähnlich wie in einer natürlichen Gesprächssituation. Bei einem Blick in unbewegte Augen veränderte sich das Zeitempfinden nicht.

Woran liegt es, dass die Uhr bei natürlichem Blickkontakt langsamer zu gehen scheint? Burra und Kerzel spekulieren, für die Menschen könne das von Vorteil sein, weil sie infolgedessen womöglich länger miteinander sprächen. Neurobiologisch erklären die Schweizer Forscher den Zusammenhang anhand eines Netzwerks von Hirnregionen, das zum einen über den Botenstoff Dopamin die Zeitwahrnehmung reguliert, zum anderen in Teilen auch bei Blickkontakt aktiv wird. Die überlappenden Netzwerke könnten für das verlangsamte Zeitempfinden verantwortlich sein.

Man wisse, dass sich das Zeitempfinden bei erhöhter Erregung beschleunige, erläutert Nicolas Burra in einer Pressemitteilung der Universität Genf weiter. »Wenn wir einen unangenehmen visuellen Reiz verarbeiten, zum Beispiel den Anblick einer großen Spinne, überschätzen wir die vergangene Zeit.« Anders bei erhöhter Aufmerksamkeit: Hier werde die Dauer unterschätzt. Die vorliegende Studie werten die Psychologen daher als Hinweis darauf, dass Blickkontakt eher die Aufmerksamkeit als die emotionale Erregung steigert.

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