CRISPR/Cas9-Technik: Blinde können dank Gentherapie sehen
Fachleute haben mehrere von Geburt an Blinde erfolgreich mit einer speziellen Gentherapie behandelt, die unmittelbar im Körper wirkt. Darüber berichtet das Team um Eric Pierce vom Massachusetts Eye and Ear Hospital in Boston im »New England Journal of Medicine«.
Im Rahmen einer klinischen Studie injizierten Forscherinnen und Forscher mehrerer US-amerikanischer Universitäten 14 Menschen mit einer angeborenen Netzhauterkrankung eine Substanz namens EDIT-101 in eines ihrer beiden Augen. Dabei handelt es sich um ein Mittel, das mit Hilfe des CRISPR-Cas9-Verfahrens das Erbgut im Auge verändert. Die Versuchspersonen, darunter zwölf Erwachsene und zwei Kinder, litten alle an einer Form der Leber’schen kongenitalen Amaurose (LCA), die sich durch starke Seheinschränkungen bis hin zur völligen Blindheit äußert und auf Mutationen im Gen CEP290 zurückgeht.
Erstmals setzten Mediziner das Verfahren direkt im Körper ein. Bei einer solchen In-vivo-Geneditierung wird die Mutation vor Ort, das heißt in diesem Fall im Auge, korrigiert. Das Prinzip dahinter: Die »Genschere« schneidet in den Netzhautzellen einen Teil des mutierten Gens heraus, damit sie wieder jene funktionstüchtigen Proteine herstellen können, die sie für die Wahrnehmung von Licht benötigen. Bisher hatte man CRISPR-Cas9 beim Menschen lediglich genutzt, um entnommenes genetisches Material zu verändern, das anschließend wieder in den Körper eingebracht wurde.
»Für einen Arzt gibt es nichts Schöneres, als von einem Patienten zu hören, wie sich sein Sehvermögen gesteigert hat«Mark Pennesi, Oregon Health & Science University, Portland
Den Erfolg des Eingriffs beurteilten die Fachleute anhand von vier Kriterien: Sehschärfe, Lichtempfindlichkeit, Orientierungsvermögen und allgemeine Lebensqualität. Bei elf der Teilnehmerinnen und Teilnehmer verbesserte sich mindestens einer der erhobenen Werte, bei sechs von ihnen zwei oder mehr. Vier Probanden konnten sogar plötzlich Objekte und Buchstaben auf einer Karte erkennen. Alle Versuchspersonen vertrugen die Behandlung gut – es traten keine schwer wiegenden Nebenwirkungen auf.
»Für einen Arzt gibt es nichts Schöneres, als von einem Patienten zu hören, wie sich sein Sehvermögen gesteigert hat«, sagt der Augenarzt Mark Pennesi von der Oregon Health & Science University in Portland, der an der Studie beteiligt war. Ein Patient habe beispielsweise sein Telefon wiedergefunden, nachdem er es verlegt hatte, und sehe nun an den Lichtern der Kaffeemaschine, ob sie eingeschaltet ist.
Als Nächstes wollen die Fachleute untersuchen, wer von einer solchen Behandlung am meisten profitiert und welche Dosis am besten funktioniert. Sie hoffen zudem, dass man die Therapie in Zukunft auch bei jüngeren Kindern mit ähnlichen Erkrankungen einsetzen kann.
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