Klimawandel: Blühendes Leben in der Kühlschrankpfütze
Dem Eis wird es zu heiß. Nirgendwo zeigt sich der Klimawandel deutlicher als in der Arktis. Wo einst scheinbar ewige Gefrornis herrschte, erstrecken sich heute Seen: Oft zum Schaden der Menschen dort und der Wissenschaft, aber sehr zur Freude kleiner Wasserlebewesen.
Auch wenn Deutschland seit einigen Tagen fest im eisernen Griff von Väterchen Frost ist: Die Zeit langer, kalter Winter geht vorerst wohl dem Ende entgegen. Die Zeichen stehen eher auf Tauwetter, und kein Lebensraum ist davon im Moment schon stärker betroffen als die arktischen Gefilde.
Während der letzten fünfzig Jahre erhöhten sich die winterlichen Durchschnittstemperaturen in großen Teilen Alaskas, Kanadas oder Sibiriens um drei bis vier Grad Celsius, und weitere Anstiege sind schon prognostiziert. Allerdings sind die extrem nördlichen Breiten unseres Planeten auch mit die fragilsten, was derartige Veränderungen betrifft.
Auch den Menschen der Arktis wie den Samen oder den Inuit macht der Klimawandel zu schaffen: Häuser sinken im auftauenden Permafrost ein, Küsten bröckeln, die Jagd wird schwieriger, ihre Rentierherden leiden unter größeren Mückenplagen. Und manch einer ihrer traditionellen Weideplätze ist heute überflutet oder nicht mehr zugänglich.
All diese Veränderungen hinterlassen tief greifende Spuren in der Lebenswelt der Seen, wie jetzt eine Gruppe von Forschern um John Smol von der kanadischen Queen's-Universität in Untersuchungen quer über die Arktis nachweisen konnte. Anhand von Sedimentbohrkernen, deren Schichten mehrere hundert bis tausend Jahre in die Vergangenheit zurückreichen, analysierten die Wissenschaftler die einstigen und heutigen Artengemeinschaften von Kiesel- und Goldalgen, Zuckmückenlarven sowie der Wasserflöhe, die zu den Krebstieren zählen.
Vom Klimawandel, den Veränderungen der Lebensgemeinschaften und der durch beides ausgelösten höheren Produktivität profitieren wiederum bestimmte Insekten oder Krustentiere: Zuckmücken und Krebschen der Unterordnung Cladocera etwa nehmen an Masse und Artenzahl zu, weil sich auch zunehmend Algen abweidende Vertreter ansiedeln.
Smol und seine Kollegen schließen dagegen nicht-klimatische Ursachen aus, da alle diese Arten bereits vorher in den Seen vorhanden waren – allerdings in sehr geringen Häufigkeiten. Veränderungen in der Landnutzung etwa scheiden aus, da gerade die am weitesten von direkten menschlichen Einflüssen gelegenen Feuchtgebiete den größten Wandel erfuhren. Und auch Luftverschmutzung und Ozonabbau kommen nicht in Frage, weil sie nur in den letzten fünf Dekaden stärkeren Einfluss nehmen. Der Umbau der Gewässer hat aber schon vor 150 Jahren eingesetzt – wenngleich viele Entwicklungen sich seit etwa 1950 noch beschleunigt haben.
Die Chance, wirklich ursprüngliche arktische Seen zu finden, ist somit anscheinend passé – zum Nachteil der Wissenschaft. Einen Vorteil dieser Wechsel haben die Forscher allerdings doch gefunden: Der Übergang vom Holozän zum Anthropozän lässt sich nun in arktischen Seesedimenten ebenso zweifelsfrei nachweisen. Das Zeitalter der Menschen hat also auch in den nördlichsten Breiten der Erde längst begonnen.
Während der letzten fünfzig Jahre erhöhten sich die winterlichen Durchschnittstemperaturen in großen Teilen Alaskas, Kanadas oder Sibiriens um drei bis vier Grad Celsius, und weitere Anstiege sind schon prognostiziert. Allerdings sind die extrem nördlichen Breiten unseres Planeten auch mit die fragilsten, was derartige Veränderungen betrifft.
Das ökologische Gleichgewicht der Region beginnt daher anscheinend bereits jetzt aus den Fugen zu geraten: Die Tundra zieht sich zurück, stattdessen breiten sich Birken, Kiefern und Gebüsche auf einstigen Geröllfeldern aus. Rotfüchse wandern ein und drängen ihre weniger konkurrenzstarken Vettern – die Polarfüchse – zunehmend nach Norden, sodass diesen bald der Rückzugsraum ausgehen dürfte. Eisbären leiden häufiger Hunger, weil das Packeis und damit ihre Jagdgründe schwinden.
Auch den Menschen der Arktis wie den Samen oder den Inuit macht der Klimawandel zu schaffen: Häuser sinken im auftauenden Permafrost ein, Küsten bröckeln, die Jagd wird schwieriger, ihre Rentierherden leiden unter größeren Mückenplagen. Und manch einer ihrer traditionellen Weideplätze ist heute überflutet oder nicht mehr zugänglich.
Wie überall stehen aber hier den Verlierern ebenso einige Gewinner gegenüber, denn das Wasser der abtauenden Gletscher und Frostböden fließt nicht immer nur ab – es bilden sich auch neue Seen. Und die bereits vorhandenen Gewässer werden nicht wie in vergangenen Jahrtausenden erst im Hochsommer eisfrei, sondern schon im Frühling. Ihre Wassertemperaturen erlauben so zwar noch immer keine Badefreuden, aber immerhin erwärmen sie sich stärker als früher üblich.
All diese Veränderungen hinterlassen tief greifende Spuren in der Lebenswelt der Seen, wie jetzt eine Gruppe von Forschern um John Smol von der kanadischen Queen's-Universität in Untersuchungen quer über die Arktis nachweisen konnte. Anhand von Sedimentbohrkernen, deren Schichten mehrere hundert bis tausend Jahre in die Vergangenheit zurückreichen, analysierten die Wissenschaftler die einstigen und heutigen Artengemeinschaften von Kiesel- und Goldalgen, Zuckmückenlarven sowie der Wasserflöhe, die zu den Krebstieren zählen.
Nach Millennien der Stabilität kommt es seit etwa 1850 zu massiven Veränderungen der Biodiversität und der Produktivität der in den Gewässern hausenden Algen und Wirbellosen. Von Kanada über Nord-Skandinavien und Spitzbergen bis tief nach Sibirien zeigen sich Verschiebungen im Artenspektrum von typischen Spezies der Gewässerböden zu Mikroorganismen, die eher im freien Wasser oder in feuchten Moosen zuhause sind – klare Indizien fortschreitender Erwärmung und kürzerer Eisbedeckung. Während die Seen früher weitgehend frei von Phytoplankton wie Cyclotella waren, wimmelt es dort heutzutage davon. Dagegen fühlen sich Fragilaria und Achnanthes gar nicht mehr wohl – die längeren Wachstumsperioden und die steigenden Wassertemperaturen heizen ihnen gehörig ein.
Vom Klimawandel, den Veränderungen der Lebensgemeinschaften und der durch beides ausgelösten höheren Produktivität profitieren wiederum bestimmte Insekten oder Krustentiere: Zuckmücken und Krebschen der Unterordnung Cladocera etwa nehmen an Masse und Artenzahl zu, weil sich auch zunehmend Algen abweidende Vertreter ansiedeln.
Die Wissenschaftler beobachteten diese Veränderungen in flachen Tümpeln ebenso wie in tieferen Seen mit ausgeprägter Temperaturschichtung. Am stärksten wandelten sich die Gewässer in Regionen, in denen Klimamessungen die größte Erwärmung belegen – etwa auf Ellesmere Island oder in Nordsibirien. Diese Erkenntnisse stimmen zudem gut mit anderen regionalen Temperaturfühlern wie Baumringabständen oder gebänderten Seesedimenten überein.
Smol und seine Kollegen schließen dagegen nicht-klimatische Ursachen aus, da alle diese Arten bereits vorher in den Seen vorhanden waren – allerdings in sehr geringen Häufigkeiten. Veränderungen in der Landnutzung etwa scheiden aus, da gerade die am weitesten von direkten menschlichen Einflüssen gelegenen Feuchtgebiete den größten Wandel erfuhren. Und auch Luftverschmutzung und Ozonabbau kommen nicht in Frage, weil sie nur in den letzten fünf Dekaden stärkeren Einfluss nehmen. Der Umbau der Gewässer hat aber schon vor 150 Jahren eingesetzt – wenngleich viele Entwicklungen sich seit etwa 1950 noch beschleunigt haben.
Die Chance, wirklich ursprüngliche arktische Seen zu finden, ist somit anscheinend passé – zum Nachteil der Wissenschaft. Einen Vorteil dieser Wechsel haben die Forscher allerdings doch gefunden: Der Übergang vom Holozän zum Anthropozän lässt sich nun in arktischen Seesedimenten ebenso zweifelsfrei nachweisen. Das Zeitalter der Menschen hat also auch in den nördlichsten Breiten der Erde längst begonnen.
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