Früherkennung: Bluttest sagt Parkinson voraus
Ein Forschungsteam um Jenny Hällqvist vom University College London und Michael Bartl von der Universitätsmedizin Göttingen hat einen Bluttest entwickelt, der bei Risikopatienten eine Parkinsonkrankheit bis zu sieben Jahre vor dem Auftreten der Symptome vorhersagen kann. Wie die Wissenschaftler berichten, detektiert der Test acht spezifische Proteine, wovon etliche bekanntermaßen mit Entzündungsreaktionen assoziiert sind.
Eine Parkinsonkrankheit entwickelt sich nicht plötzlich, sondern wahrscheinlich schleichend über mehrere Jahre. Erst wenn ein Großteil der Nervenzellen in der Substantia nigra (schwarze Substanz) im Mittelhirn abgestorben ist, kommt es zu den parkinsontypischen Bewegungsstörungen. Gelänge es, bereits erste Krankheitsprozesse zuverlässig aufzudecken, könnte man das Voranschreiten mit geeigneten Medikamenten vielleicht verzögern, so die Hoffnung. Diesem Ziel ist die internationale Arbeitsgruppe mit ihrem neuen Test einen Schritt nähergekommen.
Suche nach besseren Biomarkern
Verantwortlich für den Neuronentod ist die Anhäufung eines falsch gefalteten Proteins namens Alpha-Synuclein. Es lässt sich in der zerebrospinalen Flüssigkeit (»Hirnwasser«) nachweisen. Doch deren vergleichsweise aufwändige Entnahme mittels einer so genannten Punktion eignet sich nicht ohne Weiteres für die Verlaufskontrolle oder für Früherkennungs-Screenings in Risikogruppen. Zu den Menschen mit erhöhtem Parkinsonrisiko gehören Personen mit einer REM-Schlaf-Verhaltensstörung, die im Traum wild um sich schlagen oder schreien. Die Symptome lassen sich gut behandeln. Aber bis zu 80 Prozent der Betroffenen erkranken irgendwann an Parkinson oder einer Lewy-Körperchen-Demenz.
Auf der Suche nach Biomarkern, die schon früh während des Krankheitsgeschehens auftreten, analysierte das Team die im Blut vorhandenen Proteine bei vier verschiedenen Probandengruppen: Patienten, die gerade erst eine Parkinsondiagnose erhalten hatten; Menschen, die unter einer REM-Schlaf-Verhaltensstörung leiden; Personen mit anderen neurodegenerativen Erkrankungen sowie Gesunde. Zunächst verglichen die Fachleute, welche Proteine auffällige Konzentrationsunterschiede zeigten, und reduzierten diese auf eine viel versprechende Auswahl. Anschließend entwickelten sie mit Hilfe einer KI-gestützten Datenauswertung ein Vorhersagemodell, das auf Grundlage von nur acht Proteinen die an Parkinson Erkrankten in der entsprechenden Probandengruppe zu 100 Prozent anhand ihrer Blutproben erkannte.
Dasselbe Modell wurde dann bei weiteren 54 Personen mit einer REM-Schlaf-Verhaltensstörung getestet, die im Rahmen einer Langzeitstudie begleitet wurden. 16 von ihnen entwickelten im Verlauf des mehrjährigen Beobachtungszeitraums eine Parkinsonkrankheit beziehungsweise eine Lewy-Körperchen-Demenz. Und tatsächlich hatte der neue Bluttest bei fast allen diesen Personen schon Jahre zuvor eine parkinsonspezifische Veränderung anhand der Blutprobe detektiert – maximal sieben Jahre vor Krankheitsausbruch.
Der Bluttest soll in klinischen Studien eingesetzt werden und dabei die Suche nach wirksamen Medikamenten vorantreiben. »Wir haben nicht nur einen Test entwickelt, sondern können die Krankheit anhand von Markern diagnostizieren, die direkt mit Prozessen wie Entzündungen und dem Abbau von nicht funktionsfähigen Proteinen zusammenhängen«, sagt der Göttinger Forscher Michael Bartl. »Diese Marker stellen mögliche Ziele für neue medikamentöse Behandlungen dar.«
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