Psychische Störungen: Antisoziale Persönlichkeitsstörung
Was ist eine Antisoziale Persönlichkeitsstörung?
Ein Mensch mit Antisozialer Persönlichkeitsstörung missachtet und verletzt regelmäßig die Rechte anderer. Das äußert sich vor allem in gesetzwidrigem Verhalten, Lügen und Betrügen zum eigenen Vorteil oder Vergnügen, als Impulsivität und mangelndes Vorausplanen, Reizbarkeit und aggressives Verhalten. Auch die Missachtung der eigenen Sicherheit sowie der anderer, verantwortungsloses Verhalten zum Beispiel im Beruf und fehlende Reue sind oft zu beobachten. Betroffene legen stattdessen Gleichgültigkeit an den Tag oder versuchen ihre Taten rational zu begründen. Drei dieser Merkmale müssen ab dem 15. Lebensjahr auftreten, damit die Diagnose gestellt wird.
Als Kerngruppe oder schwere Form der Antisozialen Persönlichkeitsstörung gilt die Psychopathie. Die Betroffenen weisen weitere typische Merkmale auf – insbesondere einen ausgeprägten Mangel an Furcht und Mitgefühl. Auf den ersten Blick sind Psychopathen nicht von ihren Mitmenschen zu unterscheiden. Die meisten geben sich äußerst charmant und eloquent, gelten aber auch als durchsetzungsfähig und geltungsbedürftig. Sie sind äußerst anpassungsfähig, wobei sie ihr Gegenüber bedenkenlos belügen und manipulieren.
Wie verbreitet ist die Antisoziale Persönlichkeitsstörung?
Forscher schätzen, dass rund drei Prozent der männlichen Bevölkerung die Kriterien einer Antisozialen Persönlichkeitsstörung erfüllen. Unter Frauen tritt sie weniger als halb so häufig auf – amerikanische Schätzungen gehen von rund einem Prozent aus.
Erste Anzeichen der Störung sind in der Regel schon im Kindes- und Jugendalter beobachtbar: zum Beispiel, wenn Kinder stehlen, etwas in Brand setzen, häufig die Schule schwänzen, von zu Hause weglaufen oder Tiere quälen.
Wie entsteht eine Antisoziale Persönlichkeitsstörung?
Forscher gehen davon aus, dass dabei verschiedene Faktoren eine Rolle spielen:
Neurobiologie und Genetik: Eigenschaften wie Impulsivität sowie ein Mangel an Empathie, Furcht und Moralempfinden gehen mit einer Reihe von Hirnanomalien einher. Beeinträchtigt sind unter anderem der präfrontale Kortex und der Schläfenlappen, insbesondere Amygdala, Hippocampus und der superiore temporale Gyrus – Regionen, die am Erlernen von Furchtreaktionen sowie dem Moral- und Mitgefühl beteiligt sind. Forscher entdeckten außerdem Erbanlagen, die das Risiko antisozialen Verhaltens erhöhen, darunter eine Variante eines Gens namens MAO-A, die mit Anomalien im präfrontalen Kortex einhergeht.
Familie: Offenbar wirkt sich diese Genvariante nur dann auf das Verhalten aus, wenn zusätzlich traumatische Kindheitserlebnisse vorliegen. Zumindest die Kerngruppe der Psychopathen stammt häufiger aus Familien, die ihre Kinder vernachlässigen, misshandeln oder hart bestrafen und ihnen wenig Liebe schenken.
Kognitive und emotionale Besonderheiten: Psychopathen haben eine Art Jagdinstinkt, mit dem sie besonders hilflose und verletzliche Opfer identifizieren. Ihre emotionale Kälte hindert sie nicht daran, die Gefühle anderer wahrzunehmen, sie fühlen aber selbst weniger mit – im Positiven wie im Negativen. Gesunde Menschen empfinden, was andere fühlen, weil sie vergleichbare neuronale Schaltkreise aktivieren, wenn sie deren Freude oder Leid wahrnehmen. Der Psychopath kann zwar sehr gut die Emotionen anderer Menschen lesen, koppelt diese Erkenntnis aber von seinen eigenen Gefühlen ab. Mitleid und Angst fehlen dann ebenso wie Reue.
Was sind die Folgen?
Die Antisoziale Persönlichkeitsstörung ist dadurch definiert, dass sich die Betroffenen nicht an soziale Normen und Gesetze halten. Entsprechend begehen nahezu alle irgendwann kleinere oder größere Delikte, und viele werden erwischt und für ihre Taten verurteilt. Allerdings lässt sich die Persönlichkeit kaum von anderen Faktoren trennen. Ein großer Teil der Betroffenen kommt aus Problemfamilien oder hat ein Suchtproblem, und das sind ebenso mögliche Ursachen für eine kriminelle Karriere wie die Persönlichkeitsstörung selbst.
Es gibt aber auch erfolgreiche Psychopathen (die Kerngruppe antisozialer Persönlichkeiten), die zum Beispiel als Investmentbanker oder Pokerspieler große Risiken eingehen und manchmal sogar für ihre Leistungen gefeiert werden. Sie sind wagemutige Draufgänger, die das Risiko suchen. Ob jemand seine antisoziale Persönlichkeit im Rahmen der Gesetze auslebt, ist eine Frage der Sozialisation. Mancher lernt, die Regeln einzuhalten, weil die Nachteile sonst zu groß werden.
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