Botanik: Diese Palme blüht unterirdisch
Weltweit wurden bislang rund 400 000 Pflanzenarten beschrieben. Doch nur 171 davon blühen oder fruchten unterirdisch – eine Eigenschaft, die Wissenschaftler als Geoflorie beziehungsweise Geokarpie bezeichnen. Keine einzige dieser Spezies gehörte bislang zu den Palmen, doch ein Team um Agusti Randi von der National University of Singapore beschreibt nun in »Plants People Planet« mit Pinanga subterranea erstmals einen Vertreter dieser Pflanzenfamilie, deren Blüten und Früchte unter der Erde versteckt sind.
In ihrer natürlichen Heimat Borneo ist die Palmenart relativ weit verbreitet und ihre roten Früchte werden von menschlichen Waldbewohnern ebenso geschätzt wie von Wildschweinen: Letztere tragen wahrscheinlich auch zur Verbreitung der Pflanzen bei, weil sie die Samen der Früchte bei ihren Streifzügen durch den Regenwald ausscheiden und mit dem Kot auch gleich noch düngen. Der Forschung blieb die Spezies dagegen lange verborgen beziehungsweise sie wurde wenig beachtet, obwohl Borneo mit 300 bislang beschriebenen Arten ein Vielfaltszentrum für Palmen darstellt.
Der an der Studie beteiligte Botaniker Paul Chai bemerkte die Art erstmals 1997 und grub damals auch die Früchte aus, doch schenkte er dem Fund damals noch relativ wenig Aufmerksamkeit. Denn oberirdisch sieht die Palme unscheinbar wie die Jungpflanze größerer Palmen aus. Erst als Agusti Randi 20 Jahre später erneut ausgegrabene Früchte und von Tieren zerstörte Überreste der Pflanze fand, nahm die wissenschaftliche Arbeit daran Fahrt auf.
Eine Expedition sammelte dann 2018 mehrere Exemplare mitsamt ihren Blüten und Früchten im malaysischen Teil der Insel in einem Regenwaldreservat ein, so dass die Bestimmung beginnen konnte. Randi und Co verglichen die Pflanzen mit ähnlichem Material von 140 Palmenarten aus dieser Gattung, bis feststand, dass es sich tatsächlich um eine botanisch bislang unbeschriebene Art mit einzigartiger Strategie handelt.
Pinanga subterranea gehört neben den Orchideen der Gattung Rhizanthella zu den einzigen bislang bekannten Pflanzen, die sowohl unterirdisch blühen als auch fruchten: Alle anderen Arten mit Geoflorie und Geokarpie praktizieren entweder das eine oder das andere. Im Gegensatz zu den Orchideen, die in Symbiose mit Pilzen leben und von diesen versorgt werden, betreibt die Palme Fotosynthese und erzeugt damit ihre eigenen Nährstoffe. Völlig unklar ist allerdings, warum die Palmen auf diese Fortpflanzungsstrategie setzen und wer sie beispielsweise bestäubt. In Frage kommen etwa im Boden lebende Insekten. Sicher scheint dagegen nur, dass die Früchte gut schmecken: Randi konnte selbst bereits beobachten, wie Wildschweine den Boden aufwühlen, um an die Früchte zu gelangen und sie zu fressen.
Und auch die Menschen vor Ort schätzen sie. Verschiedene Ethnien nutzen sie, wie drei Namen für das Gewächs in unterschiedlichen Sprachen belegen. Und anekdotische Erzählungen deuten an, dass die Pflanze bereits seit Generationen von den Waldbewohnern genutzt und geschätzt wird. Nur der Wissenschaft ist sie lange entgangen.
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