Bolsonaro: Brasilien erlässt Feuerbann in Amazonien
Unter der Regierung des brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro schritt die Abholzung des brasilianischen Regenwaldes drastisch voran. Im Jahr 2019 waren die Feuer in Amazonien so schlimm wie seit Jahren nicht mehr, die Rauchwolken verdüsterten sogar noch tausende Kilometer südlich den Himmel über der Metropole Sao Paulo. Während die Kritik der internationalen Politik bislang kein Umdenken bei Bolsonaro erzeugt hat, könnte zunehmender wirtschaftlicher Druck jetzt dem Wald helfen: Nachdem 38 nationale und internationale Großkonzerne bessere Schutzmaßnahmen gefordert hatten, erließ die Regierung ein 120-tägiges Brandrodungsverbot in Amazonien und dem Pantanal. Gleichzeitig soll das Militär in die Region entsendet werden, um die Anordnung umzusetzen.
In den ersten Monaten 2020 lag die Entwaldungsrate deutlich über dem Durchschnitt der vergangenen Jahre, weswegen Experten eine noch intensivere Waldbrandsaison als 2019 fürchten: Im Juli und August ist Hochsaison für die Brandrodung in Amazonien, da eine relative Trockenzeit herrscht. Viehzüchter und Sojafarmer brennen dann die Vegetation nieder (sowie Weiden und Felder aus früheren Rodungen), um Platz für neue Rinder und Anpflanzungen zu schaffen.
Die Landnahme wurde durch zahlreiche Gesetzesänderungen der Regierung Bolsonaro erleichtert, die den Regenwald als Entwicklungshindernis betrachtet. Zugleich entmachtete sie Umweltschutz- und Indigenenbehörden, die dadurch kaum noch gegen illegale Tätigkeiten vorgehen können. Der brasilianische Präsident brachte zudem ein Gesetz in den Kongress ein, mit dem die Reservate von Indigenen für Bergbau und Landwirtschaft geöffnet werden sollten. Allerdings gibt es dagegen nicht nur politischen, sondern auch juristischen Widerstand. Ungeachtet dessen nahm die Zahl der Übergriffe und illegalen Landnahmen in den Schutzgebieten in den vergangenen Monaten ebenfalls zu.
Dagegen regt sich mittlerweile jedoch zunehmend Widerstand auch aus der Wirtschaft: Nachdem sich 32 international bedeutende Investorengruppen gegen die um sich greifende Entwaldung ausgesprochen hatten, folgten nun Unternehmen aus der Landwirtschafts-, Bergbau- und Konsumgüterbranche wie Shell, Bayer, Siemens, Amaggi (weltgrößter privater Sojaproduzent) oder Alcoa. Und in der Europäischen Union steht das Freihandelsabkommen mit der südamerikanischen Mercosur-Gruppe wieder zur Debatte: Kritiker fürchten negative Auswirkungen auf die Umwelt, sofern nicht strikte Umweltschutzmaßnahmen in das Vertragswerk aufgenommen würden. Ob das Feuermoratorium die Brandsaison 2020 eindämmen kann, bleibt angesichts der geschwächten Behörden und der ihnen gestrichenen Mittel ohnehin abzuwarten.
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