Erbgutanalysen: Braunalgen gingen eigenen Weg in die Vielzelligkeit
Ein internationales Team von rund 100 Wissenschaftlern präsentiert das frisch entzifferte Erbgut eines bis dato gern vernachlässigten Vielzellers: der Braunalge. Die analysierte Beispielart – Ectocarpus siliculosus, ein bis zu 20 Zentimeter großer Küstenbewohner gemäßigter Breiten – trägt ein Erbgut mit rund 214 Millionen Basenpaaren, in denen das internationale Team um Erstautor Mark Cock von der Station Biologique im französischen Roscoff etwa 16 000 Gene erkannten. Sie erzählen eine spannende Geschichte aus der Frühzeit des vielzelligen Lebens und dem Evolutionskampf der Braunalgen um ihre Nische im anspruchsvollen Lebensraum der Brandungszonen.
Daneben verfügt die Braunalge über genetische Schutzprogramme, die vor Stress des Trockenfallens bei Ebbe und intensiver UV-Strahlung schützten. Manche Gene helfen den Algen dabei, so genannte Halide zu entgiften – also toxische halogenierte Substanzen, die etwa von Seetang-Arten abgegeben werden. Mit diesem Entgiftungsmechanismus können die Braunalgen etwa auch auf Tang wachsen.
Als typische notwendige Neuerwerbung von Vielzellern – deren Zellen sich in Geweben organisieren müssen und kommunizieren – gelten dabei bestimmte neu erfundene oder funktionell veränderte Kommunikationsproteine in den Membranhüllen der Zellen. Und tatsächlich fanden sich nun bei den Braunalgen viele Gene für so genannte Kinasen, Transporter und Transkriptionsfaktoren. Ähnliche – aber nicht identische – Gene haben etwa auch Landpflanzen einst erfunden. Vermutlich spielen solche Membranproteine also bei der Entstehung vielzelliger Organismen eine bedeutende Rolle. (jo)
Braunalgen spielen an den Felsküsten polarer und gemäßigter Breiten eine wichtige Rolle im Ökosystem: Manche Algen werden bis zu 160 Meter lang oder bilden unterseeische Wälder und formen damit den Lebensraum für andere Meeresorganismen. Dabei haben sich die Braunalgen auch genetisch an die Anforderungen der von Tiden und Wellen bewegten Küstengewässer mit ihren schnell wechselnden Lichtverhältnissen angepasst, zeigen die Erbgutanalysen: Einige typische Fotosynthesegene gewährleisten eine Lichtverwertung, die auch unter abwechselnd dunklen und hellen Bedingungen funktioniert; zudem ist Braunalgen mit einem lichtunabhängig arbeitenden Enzym wohl auch die Produktion des Fotosynthesemoleküls Chlorophyll im Halbdunklen möglich.
Daneben verfügt die Braunalge über genetische Schutzprogramme, die vor Stress des Trockenfallens bei Ebbe und intensiver UV-Strahlung schützten. Manche Gene helfen den Algen dabei, so genannte Halide zu entgiften – also toxische halogenierte Substanzen, die etwa von Seetang-Arten abgegeben werden. Mit diesem Entgiftungsmechanismus können die Braunalgen etwa auch auf Tang wachsen.
Der Erbgutvergleich mit anderen Lebensformen belegt, dass Braunalgen einen eigenständigen Sonderweg in die Vielzelligkeit einschlugen, als sie sich aus diatomeenähnlichen Einzellern zu höheren Lebensformen weiterentwickelten: Im Lauf der Erdgeschichte hat sich "aus Einzellern fünfmal unabhängig voneinander komplexes vielzelliges Leben entwickelt", erklärt der an der Studie beteiligte Biologe Klaus Valentin vom Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung: "Aus diesen fünf Linien sind die Tiere, die Pflanzen, die Pilze, die Rotalgen und die Braunalgen unabhängig voneinander entstanden."
Als typische notwendige Neuerwerbung von Vielzellern – deren Zellen sich in Geweben organisieren müssen und kommunizieren – gelten dabei bestimmte neu erfundene oder funktionell veränderte Kommunikationsproteine in den Membranhüllen der Zellen. Und tatsächlich fanden sich nun bei den Braunalgen viele Gene für so genannte Kinasen, Transporter und Transkriptionsfaktoren. Ähnliche – aber nicht identische – Gene haben etwa auch Landpflanzen einst erfunden. Vermutlich spielen solche Membranproteine also bei der Entstehung vielzelliger Organismen eine bedeutende Rolle. (jo)
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