Brienz in Graubünden: Was auf den Bergrutsch folgt
Nach dem gewaltigen Bergrutsch oberhalb des Schweizer Dorfes Brienz können die Bewohner womöglich bald wieder dauerhaft in ihre Häuser zurückkehren. Die Hoffnung äußerte der zuständige Gemeindepräsident Daniel Albertin am Mittwoch bei einer Begehung in Brienz. Die rund 80 Bewohner mussten ihre Häuser im Mai verlassen, weil Geröll und Gestein am Hang des Bergs Piz Linard sich so stark abwärts bewegten, dass die Behörden einen größeren Felssturz oder Schuttstrom befürchteten, der das ganze Dorf hätte fortreißen können, wie auch »Spektrum.de« berichtete.
Der Schuttstrom ging in der Nacht zum 16. Juni 2023 ab. Riesige Gesteinsmengen schossen den Hang hinab, begruben eine Straße und Wiesen meterhoch unter Schutt und kamen wenige Meter vor dem Ort zum Stillstand. Nach Angaben von Geologen hat sich die Situation am Berg inzwischen beruhigt. Allerdings könne von einem Plateau oberhalb der abgerutschten Fläche mittelfristig Gefahren ausgehen, sagte der Leiter des Frühwarndienstes Stefan Schneider.
Der instabile Hang des Piz Linard ist Teil einer ungefähr drei Quadratkilometer großen Erdrutschstruktur. Die Gleitbewegung setzte womöglich bereits am Ende der letzten Eiszeit ein, als die Gletscher in den Alpen abschmolzen. Allerdings hat sich die Geschwindigkeit der Rutschbewegung in den vergangenen Jahren erhöht. Waren es zuvor wenige Zentimeter pro Jahr, konnten Experten 2011 rund 20 Zentimeter messen. 2020 stellten sie fest: Das Gestein rutschte 1,2 Meter pro Jahr voran. Seit etwa 2018 sackt auch das Geröll oberhalb des Dorfs drastisch schneller ab; um etwa 4 Meter pro Jahr.
Gemäß dem jetzigen Stand, so sagte Gemeindepräsident Albertin, sei er zuversichtlich, dass es nur noch eine Frage von Tagen sei, bis die Einwohner zurückziehen könnten. Sie dürfen sich bereits stundenweise im Dorf aufhalten, aber niemand darf dort bislang übernachten. Brienz liegt an der Straße von Lenzerheide nach Davos im Kanton Graubünden auf einer Höhe von rund 1150 Metern. (dpa/kas)
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