Bronzezeit: Älteste Spielsteine der Welt entdeckt
Hunde, Schweine, Pyramiden sowie Obelisken, Kugeln und Scheiben – in einem etwa 5000 Jahre alten Grab auf dem bronzezeitlichen Ausgrabungshügel Başur Höyük im Südosten der Türkei stießen Archäologen auf 49 aus Stein gemeißelte Figürchen in verschiedenen Farben. Bei diesen bis zu zwei Zentimeter großen und nur wenige Gramm schweren Figurinen dürfte es sich um die ältesten Spielsteine der Welt handeln, davon ist Haluk Sağlamtimur von der Ege Universität in Izmir überzeugt.
Der Leiter der Ausgrabung bei Siirt, einer Stadt nahe den Grenzen zu Syrien und dem Irak, wies darauf hin, dass bei Arbeiten in den beiden Nachbarländern zuvor schon ähnliche Steine entdeckt worden waren. "Das waren jedoch einzelne, isolierte Funde. Man dachte bis heute, es handle sich dabei um Zählsteine", so Sağlamtimur. "Unsere Figürchen lagen hingegen alle zusammen in einem Grab." Der Archäologe ist sich sicher, auf ein beinahe komplettes Set an Spielfiguren gestoßen zu sein – möglicherweise Überbleibsel vom ältesten Brettspiel der Menschheitsgeschichte.
Die bisher ältesten bekannten Spiele stammen aus Ägypten und ebenfalls Mesopotamien. Das bis zu 4600 Jahre alte ägyptische Senet und das etwa gleich alte Königliche Spiel von Ur wirken beide wie Vorformen des doch recht simplen "Mensch ärgere Dich nicht" – ungeachtet aller mythologischen und religiösen Implikationen, die diese antiken Brettspiele auch haben. Sağlamtimur ist überzeugt, dass die Figurinen von Başur Höyük zu einem anspruchsvolleren Spiel gehörten. "Es dürfte sich um ein strategisches, vielleicht ein Kriegsspiel handeln."
Bei der Präsentation seines Fundes sprach der Archäologe auch von einer "Vorform des Schachs", aber das war wohl eher dazu gedacht, den Medienvertretern geläufige Begriffe für ihre Artikel zur Hand zu geben: "Wir haben nur wenig Ahnung davon, wie das Spiel aufgebaut war." Nach Anzahl und Gruppierung der einzelnen Figürchen dürfte es sich um ein – wie auch immer – auf der Zahl Vier basierendes Spiel gehandelt haben.
Bedeutender als die Spielregeln erscheint Sağlamtimur ohnehin die Tatsache, dass es in Anatolien bereits zu einer Zeit, in der hier die Schrift noch nicht verbreitet war, ein auf Zahlen gründendes, offenkundig ausgeklügeltes Spiel gab. In dem Grab Nummer 9, in dem die Steinfiguren lagen, befanden sich überdies drei Skelette: ein Erwachsener, ein 10- bis 15-jähriger Jugendlicher sowie ein etwa fünfjähriges Kind. Der Archäologe grübelt nun darüber, ob das Spiel vielleicht als Lernbehelf eingesetzt wurde: Spielerisch lernen in der Bronzezeit.
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